20. November 2024

Klimabildung in Zeiten multipler Krisen: Fachtagung am 7.11.24 zeigt neue Herausforderungen und Lösungsansätze

Die zahlreichen Herausforderungen unserer Zeit erscheinen mitunter übermächtig. Insbesondere bei Schüler*innen droht die Gefahr eines Ohnmachtsgefühls angesichts der vielfachen Krisen. Was Schule dagegen tun kann und welche neuen Ansätze und positiven Vorbilder es gibt, wurde auf der Fachtagung „Klimabildung in Zeiten multipler Krisen“ diskutiert, die am 7.11.2024 in Berlin-Charlottenburg stattfand.

Die Schule als Ort des Lernens und Ausbildungsstätte für eine gute Zukunft hat die Aufgabe, sich mit den Krisen dieser Welt und ihren Auswirkungen auf junge Menschen auseinanderzusetzen. Insbesondere der Klimawandel erscheint für junge Menschen mitunter übermächtig und unlösbar. Was bedeutet das für den Unterricht und die Lerninhalte in der Schule? Wo liegen die größten Hindernisse für gute Klimabildung und was hilft dagegen?

Diese und weitere Themen wurden bei der 26. Fachtagung Klimaschutz an Schulen „Klimabildung in Zeiten multipler Krisen“ von inspirierenden Gästen vorgestellt und gemeinsam diskutiert. Eingeladen zur Teilnahme waren Lehrerinnen und Lehrer sowie weitere Aktive und Multiplikator*innen der Klimabildung aus Berlin. Nach drei Impulsvorträgen gab es in diversen Praxis-Workshops das Handwerkszeug für konkrete Änderungen im Schulalltag. Auch für das Networking untereinander war genügend Zeit.

Transformative Bildung nur ein ‚Add On‘?

Den ersten Impulsvortrag gestaltete Dr. Antje Brock vom Institut Futur der Freien Universität Berlin. Sie stellte unter dem Titel „Transformative Bildung für Nachhaltigkeit: Bisher nur ein ‚Add On‘ im Bildungssystem? Wie kann effektive Befähigung gelingen?“ anhand von Studienergebnissen und Metaanalysen den aktuellen Stand der Forschung vor. Gerade junge Menschen haben mitunter kein Vertrauen mehr in Problemlösungen, sie erleben eine Diskrepanz zwischen der wahrgenommenen (kollektiven) Selbstwirksamkeit und der wahrgenommenen Größe der Nachhaltigkeitsprobleme. Das könne zu Überforderung, Verdrängung, Wunschdenken und Fatalismus führen. Bei der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) seien neue Ansätze gefragt, damit sich Lehrende und Lernende besser befähigt sehen für positive Veränderungen. Die Verlagerung vom Fuß- zum Handabdruck sei dabei ein guter Ansatz, um aktiv etwas für viele Menschen zu verändern.

Ist Wandern jetzt rechts?

„Naturliebe und Menschenhass: Rechte Narrative und Menschenfeindlichkeit in der Umweltbildung“ war das Thema des zweiten Impulsvortrags. Robin Bell von der Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz (FARN) der NaturFreunde Deutschland zeigte dazu Beispiele aus der Arbeit der Fachstelle. Dabei entpuppe sich bei genauem Hinsehen ein eigentlich harmlos anmutendes Survival-Training schon mal als Veranstaltung mit klarem Bezug zur Neonazi-Prepperszene. Natur- und Umweltschutz werden teilweise bewusst vereinnahmt für „Heimatschutz und Volksschutz“. Dabei zeigten sich deutlich Bestandteile eines rechtsextremen Weltbildes und historische Kontinuitäten bis zur „Blut und Boden“-Ideologie. Erlebnis- und Umweltpädagogik führten dabei koloniale Kontinuitäten fort, die bis in das deutsche Kaiserreich zurückreichen. Auf den ersten Blick interessant erscheinende (Outdoor-) Bildungsangebote sollten daher stets auf die tatsächlichen Veranstalter und deren Motivation hin überprüft werden. Publikationen und Bildungsangebote der Fachstelle sind unter www.nf-farn.de zu finden.

Die Futur3-Klasse des Goethe-Gymnasiums Lichterfelde

Die erste Klimaklasse Berlins wurde im dritten Impulsvortrag „Klimaschutz im Schulalltag – Erfahrungen einer aktiven Umweltschule“ von den Lehrern Sven Kozelnik und Stephan Noth vorgestellt. Die sogenannten Futur3-Klassen erhalten fächerverbindenden Unterricht, gehen Kooperationen mit außerschulischen Lernorten ein und führen viele Stadt-, Kiez- und Schulprojekte durch, die gemeinsam mit den Schüler*innen entwickelt werden. Bereits zum dritten Mal konnte eine Klasse des Beginner-Jahrgangs als Klimaklasse eingerichtet werden, für die es erneut mehr interessierte Schüler*innen als Plätze gab. Dabei galt es anfangs, viele Herausforderungen auf institutioneller und personeller Ebene zu bewältigen, obwohl das Goethe-Gymnasium schon seit vielen Jahren als Umweltschule und mit Klima-AGs aktiv ist. Weitere Informationen gibt es auf der Schul-Website: https://goethe-gymnasium-lichterfelde.de/pluspunkte/futur3.

Im zweiten Teil der Tagung fanden mehrere Praxis-Workshops statt:

  • Wie kann Klimaschutz trotz Zeit- und Ressourcenmangel im Schulalltag gelingen (UfU)?
  • Wie lässt sich umweltfreundliche Mobilität für die ganze Schule erfolgreich umsetzen (BUND)?
  • Sind Wandern und Schnitzen jetzt rechts – was hilft gegen rechte Narrative in der Natur- und Umweltbildung (FARN)?
  • Passen kulturelle Bildung und Schools of Sustainability zusammen (HKW, UdK)?
  • Klimabildung und städtische Infrastruktur – welche neuen Lehrmaterialien gibt es (KlimaMacher.berlin)?
  • Wie funktioniert praktisches Energiesparen an Schulen – Methoden, Möglichkeiten, Motivation (UfU)?

Unser Dank geht an die Referent*innen der Impulsvorträge und alle Ausrichter*innen der Praxis-Workshops! Mit mehr als 80 Teilnehmenden zeigt die Nachfrage von Lehrenden aus dem Bereich der Umwelt- und Klimabildung erneut die große Relevanz einer solchen Fachtagung. Bedanken möchten wir uns auch beim Oberstufenzentrum Kraftfahrzeugtechnik für das freundliche zur Verfügung stellen der schuleigenen Räumlichkeiten für die Tagung.

Die jährlich stattfindende Fachtagung ist Teil des prämierten Projekts KlimaVisionen und wird vom Kompetenzzentrum Klimaneutrale Schulen des UfU im Auftrag der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt durchgeführt. Bei Fragen und für mehr Informationen können Sie sich an Daniel Buchholz (daniel.buchholz@ufu.de) wenden.  Die Fachtagung ist als offizielle Fortbildung des Landes Berlin anerkannt.

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