25. Oktober 2024
Verankerung von Bildung für nachhaltige Entwicklung in deutschen Lehrplänen ausbaufähig
Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) als Unterrichtsformat zu integrieren, erfordert die Kapazitäten, relevante Themenkomplexe inklusive interaktiver Methoden kindgerecht aufzubereiten. Durch Lehrkräftemangel und begrenzte zeitliche Ressourcen fällt es vielen Lehrenden schwer, diesen Anforderungen gerecht zu werden. Eine neue digitale Lernplattform für BNE soll Lehrerkräfte in Zukunft ermutigen und dabei unterstützen, ihren Unterricht verstärkt auf eine ganzheitliche und transformative Bildung im Sinne von BNE auszurichten.
Europäische Lernplattform für die Agenda 2030
Durch die Schaffung einer europäischen Lernplattform, die sich an Schüler*innen im Alter von neun bis elf Jahren in Deutschland, Norwegen, Ungarn und Zypern sowie in anderen europäischen Ländern richtet, wird BNE als gezieltes Lernformat in Schulen in den Sprachen Englisch, Deutsch, Griechisch, Norwegisch und Ungarisch verfügbar. Dies unterstützt die Agenda 2030 und damit die Förderung einer nachhaltigeren und gerechteren Welt.
Die Plattform bietet Lehr- und Lernmaterialien zu den 17 Nachhaltigkeitszielen (SDGs) der Vereinten Nationen. Darüber hinaus wird das Zusammenwirken dieser Ziele anhand des Hochzeitstortenmodells von Johan Rockström und Pavan Sukhdev erklärt sowie auf Zielkonflikte eingegangen. Die zentralen Elemente der Lernplattform sind Boardstories, interaktive animierte Geschichten, die das audiovisuelle Lernen fördern. Somit können sich Schüler*innen aktiv mit den Themen der jeweiligen SDGs auseinandersetzen und digitales Lernen auf unterschiedliche Weise erleben. Dabei werden neue Medien mit wichtigen Wissensinhalten kombiniert, um eine sinnvolle Einheit zu schaffen, bei der Lernen Spaß macht.
Digitale Bildung für nachhaltige Entwicklung in Europa
Die Plattform ist im Rahmen des Projekts „Digitale Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in Europa“ entstanden. Dazu wurden Lehrpläne für Grundschulen in Deutschland, Norwegen, Ungarn und Zypern untersucht, um Erkenntnisse für die Entwicklung der Lernplattform und eine effektive Umsetzung in den verschiedenen europäischen Ländern zu gewinnen. Trotz der unterschiedlichen Struktur und Ausrichtung der einzelnen nationalen Lehrpläne wird BNE in allen untersuchten Ländern als relevante Unterrichtskomponente anerkannt und angestrebt. Jedoch bleibt die Verankerung von BNE in deutschen Lehrplänen im europäischen Vergleich ausbaufähig. Während BNE ein verpflichtender Bestandteil der Lehrpläne in Norwegen, Ungarn und Zypern ist, wird es Hierzulande tendenziell als Querschnittsthema definiert, dessen Anwendung abhängig von der jeweiligen Lehrkraft ist.
Untersucht wurden insbesondere die fachspezifischen und fächerübergreifenden Verknüpfungen mit BNE und den SDGs auf Grundschulniveau. Zudem wurde die Rolle der Medienerziehung in den nationalen Lehrplänen bewertet sowie deren Umfang und spezifische Lernziele identifiziert, die durch die Lernwelten für BNE unterstützt werden sollen. Dies bildet die Grundlage für einen Unterricht, der auf einer digitalen, integrierten und fächerübergreifenden Perspektive für nachhaltige Entwicklung basiert.
Herausforderungen für die Entwicklung der Plattform – Analyse deutscher Curricula in einer föderalen Struktur
BNE und die SDGs werden in deutschen Lehrplänen aufgrund der föderalen Bildungsstruktur nicht überall explizit genannt, dennoch in einigen Fällen als übergreifende Kompetenzziele oder Leitlinien erfasst und thematisch verankert. Dabei wird BNE in den Bundesländern unterschiedlich gewichtet: In Baden-Württemberg wird sie als Schlüsselperspektive genannt, in Berlin/Brandenburg als übergreifendes Thema und in Sachsen-Anhalt gibt es keine spezifische Erwähnung oder Bezugnahme. In Bezug auf die SDGs ist nur eine fundierte Interpretation möglich. Erschwerend kommt hinzu, dass die unterschiedlichen Kompetenzkonzepte in den verschiedenen Curricula nicht deckungsgleich mit den spezifischen Kompetenzen von BNE sind, wie sie im Europäischen Kompetenzrahmen für Nachhaltigkeit der Europäischen Kommission beschrieben werden. Die häufigsten Bezugspunkte bieten die Gemeinschaftskunde und in der Folge Ethik und Religion. Dazu gehört auch, dass andere Fächer zwar auch methodisch in Bezug auf BNE arbeiten können, aber nur wenige Bezüge in den Lehrplänen hergestellt werden. Außerdem gibt es kein spezifisches Zeitbudget für BNE oder die SDGs. Dementsprechend gibt es eine große strukturelle Lücke bei der verpflichtenden Integration von BNE in Grundschulen. Auch wenn Lehrkräfte entscheiden können, BNE zu implementieren, können sie sich ebenso dafür entscheiden, dies nicht zu tun.
Bildungsmaterialien schließen Lehrplanlücke
Durch die Bereitstellung von zielführenden Bildungsmaterialien zu den SDGs in Kombination mit präzisen Anleitungen und Empfehlungen für Lehrkräfte kann das Ausmaß der praktischen Umsetzung von BNE im Unterricht erhöht werden. Gerade weil die Boardstories in eine Unterrichtsstunde und die jeweiligen BNE-Inhalte einführen sollen, senkt dies die Hürde für Lehrkräfte, sich für ein nachhaltiges Thema zu entscheiden, und reduziert ihren Zeitaufwand für die Themenvorbereitung. Dadurch können auch einzelne Lücken im Lehrplan geschlossen werden. Auf diese Weise können sich die Schüler*innen bereits in jungen Jahren dieser Ziele bewusstwerden und eine positive Vorstellung von einer gerechten und lebenswerten Zukunft für alle entwickeln. Damit wird der Grundstein für das Handeln für eine nachhaltige Entwicklung gelegt und die Lernplattform trägt zur Erreichung der SDGs bei.
Der vollständige Bericht zur länderübergreifenden Lehrplananalyse kann hier eingesehen werden.
Die frei zugänglichen Lernwelten sollen im Frühjahr 2025 online gehen.
Gefördert wird das Projekt durch Erasmus + Cooperation partnerships in school education und Deutsche Bundesstiftung Umwelt – DBU.