UfU Informationen | Ausgabe 13 – Januar 2025 | Oliver Ritter & Jörg Ackermann

Sporthallen in Deutschland

Sprint oder Hürdenlauf auf dem Weg zur Energieeffizienz?

In Deutschland gibt es 231.000 Sportstätten. Dazu zählen Sporthallen, Stadien, Hallenbädern, Freibädern, Tennisanlagen, Schießsportanlagen. Alleine Berlin hat mehr als 1000 Sporthallen. Sport hat eine immense Bedeutung für unsere Gesellschaft, unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit.

Der Zustand der Sportanlagen erfordert eine baldige und umfassende Sanierung der Sportstätten. Gleichzeitig belaufen sich die jährlichen Emissionen aller deutschen Sportstättenlaut Öko-Institut1 auf etwa 7,4 Millionen Tonnen CO2. Insbesondere die Emissionen durch den Betrieb von Sporthallen (34 Prozent) und Hallenbädern (31 Prozent) machen mit fast zwei Dritteln den größten Teil des Gesamtausstoßes aus. Diese Emissionen der deutschen Sportstätten entsprechen näherungsweise den CO2-Emissionen einer Stadt wie Essen. Darüber hinaus genügt der Gebäudebestand heute lange nicht mehr den Anforderungen an eine nachhaltige und klimaneutrale Gesellschaft. Es besteht ein großer Sanierungsbedarf, um die Gebäude langfristig zukunftssicher zu machen. Der Bund und Länder haben hierzu in der Vergangenheit schon eigene Förderprogramme auf den Weg gebracht, die den Sanierungsstau beheben sollen. (Beispielsweise auf Bundesebene das Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket oder in Nordrhein-Westfalen das Programm „Moderne Sportstätte 2022“).

Die Energiesparprojekte an Schulen des UfU umfassen auch die Analyse der zugehörigen Sporthallen. Nach den Erfahrungen aus der Arbeit des UfU sind Sporthallen häufig integriert in größere Schul-, Sport- und Freizeitkomplexe und haben keine eigenen Verbrauchsauswertungen. Inwieweit die Sanierungsmaßnahmen der vergangenen Jahre hierzu beigetragen haben, die Situation zu verbessern, ist nicht erfasst. Es gibt häufig eigene Heizkreise, die entsprechend gesteuert werden können, selten können aber deren Verbräuche getrennt ermittelt werden. So kann die Anpassung der Raumtemperaturen und Nacht- und Wochenendabsenkungen zu erheblichen Einsparungen führen.

Sporthallen verfügen aufgrund großer Dachflächen über das Potenzial zur Nutzung von Photovoltaik oder auch zur Dachbegrünung und können somit einen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität leisten. In Berlin müssen Neubauten bereits immer „PV-Ready“ gebaut werden.2 Auch im Bestand gibt es große brachliegende Potenziale aber auch gelungene Beispiele wie der Badische Sportbund aufzeigt.3

Es ist festzustellen, dass es an einer systematischen Übersicht für Sporthallenbetreiber fehlt, welche Maßnahmen zu den höchsten Energieeinsparungen führen oder das günstigste Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweisen, welche Maßnahmenbündel zusammen geplant werden sollten, welche unterschiedlichen Nutzerverhalten und Nutzungsprofile aus den unterschiedlichen Nutzergruppen und Sportarten abgeleitet werden können und welche konkreten Baumaßnahmen zu priorisieren wären.

Im Auftrag des Bundesinstituts für Sport-Wissenschaft untersucht das Unabhängige Institut für Umweltfragen in 2025 bundesweit die energetische Ist-Situation (Energieverbrauch, Energiekennwerte, Wärmeversorgung, Beleuchtung, Gebäudeautomation, Energiemonitoring, Baualtersklassen, Sanierungsmaßnahmen, Nutzungsprofile) von Sporthallen im Bestand.

Die Untersuchung soll eine Systematik zur differenzierten Erfassung und Reduktion des Endenergieverbrauchs von bestehenden Sporthallen entwickeln. Denn Sportstätten sind in Deutschland je nach Sportart, Baujahr, Größe, Energieversorgung sehr divers.

Unterstützt werden die Wissenschaftler*innen des UfU von einem wissenschaftlichen Beirat, bestehend aus Sportwissenschaftler*innen, Sportfunktionär*innen, Forscher*innen aus dem Bereich der Bauphysik, kommunalen Klimaschutzbeauftragten, Gebäude- und Sportstättenplaner*innen sowie technischen Gebäudeausstattern. Weiterhin arbeitet das UfU in diesem Vorhaben eng mit der Ingenieurs- und Planungsgesellschaft Gertec zusammen, die sich seit vielen Jahrzehnten mit Energieeffizienz, Klimaschutz, dem Einsatz Erneuerbarer Energien und nachhaltigem Bauen beschäftigen.

Mit der systematischen Erfassung soll ein besserer Überblick über die Situation von Sporthallen in Deutschland geschaffen werden. Im Fokus stehen dabei anwendbare Maßnahmen zur Reduktion des Endenergieverbrauchs. Beispielsweise verfügen viele Sporthallen über große Dachflächen und haben damit das Potenzial zur Nutzung von Photovoltaik oder auch zur Dachbegrünung. Bisher fehlt es aber an einer Übersicht für Sporthallenbetreiber, welche Maßnahmen zu den höchsten Energieeinsparungen führen und dabei ein gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweisen.

Dabei ist die Beachtung von unterschiedlichen Nutzungsprofilen und von unterschiedlichem Nutzerverhalten aus den verschiedenen Sportarten genauso wichtig wie die Kategorisierung der zahlreichen Sportstätten nach Faktoren wie beispielsweise Gebäudehülle oder Gebäudetechnik.

Die Ergebnisse der Untersuchung mit konkreten Empfehlungen werden in einem Handlungsleitfaden zusammengefasst. Dieser soll insbesondere Verwaltungen dazu befähigen, den Umbau von Sportstätten in Deutschland im Sinne einer klimaneutralen Zukunft zu planen. Weiterhin werden die Ergebnisse darauf hinweisen, den Planungsprozess von zukünftigen Sportstätten im Sinne der Energieeinsparung zu verbessern.

In dem Forschungsvorhaben gehen die Wissenschaftler*innen des UfU folgendermaßen vor:

  1. Analyse zum aktuellen Stand des Wissens und der Technik im Hinblick auf die energetische Situation von Sporthallen in Deutschland; um Handlungsoptionen herauszustellen und Einsparpotenziale aufzudecken. Betrachtet werden dabei Gebäudetechnik, Gebäudeautomation und Sensorik sowie Gebäudehülle.
  2. Analyse bisheriger Erfassungen und Detaillierung einer Erfassungssystematik
  3. Expertenbefragung und Stake-Holder-Einbindung
  4. Ableitung von Maßnahmen zur Reduktion des Energieverbrauchs
  5. Erstellung eines Handlungsleitfadens: Identifikation von Forschungslücken und -bedarf, Praktische Handlungsempfehlungen, Priorisierung von Maßnahmen, Entwicklung von Entscheidungskriterien und Optimierung von Entscheidungsprozessen unter Berücksichtigung von umwelt- und klimarelevanten Belangen, Bewertung von Planungsalternativen, ggf. Anpassung von Normen und Regularien

Die Ergebnisse liefern eine systematische Übersicht für Sporthallenbetreiber, welche Maßnahmen zu den höchsten Energieeinsparungen führen oder das günstigste Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweisen, welche Maßnahmenbündel zusammen geplant werden sollten, welche unterschiedlichen Nutzerverhalten und Nutzungsprofile aus den unterschiedlichen Nutzergruppen und Sportarten abgeleitet werden können und welche konkreten Baumaßnahmen zu priorisieren wären.

Um die Handlungsempfehlungen letztendlich umzusetzen, müssen zahlreiche Voraussetzungen erfüllt werden:

  1. Finanzmittel für Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen müssen zur Verfügung gestellt werden. Der Sanierungsstau bei den Sportstätten ist in einer Untersuchung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) auf 31 Milliarden Euro abgeschätzt worden.4
  2. Normen und Regularien müssen so angepasst werden, dass sie den energie-, umwelt- und klimapolitischen Belangen Rechnung tragen
  3. Einheitliche und nachvollziehbare Entscheidungskriterien müssen eingeführt werden
  4. Entscheider*innen und Planer*innen müssen geschult und sensibilisiert werden

Quellenverzeichnis:

  1. D. Bleher, Öko-Institut, Frankfurt/M. 2016
  2. https://www.berlin.de/sen/energie/erneuerbare-energien/solargesetz-berlin/artikel.1053243.php
  3. https://www.badischer-sportbund.de/sportwelten/nachhaltige-vereinsentwicklung/sportstaetten/best-practice-beispiele/
  4. https://www.dosb.de/sonderseiten/news/news-detail/news/zustand-der-sportstaetten-wieder-im-fokus