12. November 2024
Neue UfU-Studie: Die Entwicklung der ostdeutschen Umweltverbände zwischen 2000 und 2023 – Strukturen, Aktionsformen und Herausforderungen
Eine neue UfU-Studie beleuchtet die Entwicklung der ostdeutschen Umweltverbände und –organisationen. Es wurde deutlich, dass ostdeutsche Umweltverbände vor besonderen Herausforderungen stehen. Die Studie wagt einen Blick in die Zukunft und versucht erste Hinweise zur Begegnung der Herausforderungen zu geben.
Mitgliederentwicklung
Zunächst wurde festgestellt, dass die Mitgliederzahlen und Umsätze der ostdeutschen Landesverbände von BUND und NABU in den letzten 20 Jahren stark gestiegen sind. Auch wenn der Rückstand zu den strukturellen Entwicklungsniveaus von Umweltverbänden in westlichen Bundesländern (u. a. Mitglieder, Spender*innen, Mitarbeitende, Zahl der Büros und Projekte) noch lange nicht aufgeholt werden konnte, so ist doch relativ gesehen die Umweltschutzbewegung in Ostdeutschland strukturell stark gewachsen.
Eine Ausnahme bildet die Grüne Liga, die einzige originär ostdeutsche Neugründung nach der Wiedervereinigung, deren Mitgliederzahl abgenommen hat. Damit musste die Grüne Liga auch ihr ursprüngliches Ziel, als gesamtostdeutsches Netzwerk für alle Umweltverbände zu fungieren, aufgeben.
Herausforderungen für die Verbandsarbeit in Ostdeutschland
Als besondere Herausforderung für die ostdeutschen Umweltverbände wurden Versuche der rechtspopulistischen und rechtsextremen Instrumentalisierung des Naturschutzes identifiziert. Die AfD und rechtsextreme Organisationen versuchen das Naturschutzthema zu besetzen, da der Schutz der Natur grundsätzlich positiv besetzt ist und damit Sympathien gewonnen werden können. Zudem wollen sie die Zielkonflikte zwischen Natur- und Klimaschutz vertiefen. Eine neue NABU-Studie ergab, dass bereits ca. 41 % der NABU-Landesverbände in Westdeutschland von rechten Aktivitäten betroffen waren, im Osten bereits 80 % (Schroeder et al. 2022).
Eine weitere Herausforderung ist das geringe ehrenamtliche Engagement im ländlichen Raum, welches in den dünn besiedelten ostdeutschen Flächenländern durch den demografischen Wandel noch verstärkt wird. Die Umweltverbände wachsen vor allem in den Zentren Leipzig, Dresden, Potsdam usw., während die aktiven Mitglieder in Regionen wie dem Erzgebirge und Märkisch-Oderland abnehmen.
Weitere Herausforderungen sind u. a. die Polykrise, spürbare Klimawandelauswirkungen, die Überalterung der Ehrenamtlichen, der Fachkräftemangel und die hohe Zahl inaktiver Mitglieder.
Blick in die Zukunft und strategische Ausrichtung
Es ist auch davon auszugehen, dass der BUND und der NABU dominant bleiben werden, während spezifisch ostdeutsche Akteure wie die Grüne Liga wohl weiter an Bedeutung verlieren. Auch sind in den Interviews mit ostdeutschen Verbandsvertreter*innen kaum noch spezifisch ostdeutsche Mentalitäten in der täglichen Arbeit angeklungen.
Eine wesentliche Aufgabe für die ostdeutschen Umweltverbände ist der Umgang mit gewählten AfD-Politiker*innen und der Gefahr der rechten Instrumentalisierung des Naturschutzes. Die Landesverbände und Ortsgruppen in Ostdeutschland müssen mit Ressourcen, wie Weiterbildungen, Informationsmaterialien und Personal ausgestattet und geschult werden (Schroeder et al., 2022).
Um eine aktive Mitgliederbasis zu erhalten, sollten die ostdeutschen Umweltverbände die Ehrenamtlichen gut betreuen und die klassischen und traditionellen Verbandsstrukturen in ein Ehrenamt 3.0 überführen, um weiterhin in der Fläche wirksam zu sein. Hier wäre es wichtig, dass die strukturschwächeren ostdeutschen Landesverbände von den jeweiligen Bundesverbänden weiterhin unterstützt werden.
Weitere Strategien, um den oben genannten Herausforderungen zu begegnen, sind digitale und hybride Angebote, vielfältige Aktionsformen und attraktive Arbeitsbedingungen.
Methodik
Die Studie basierte auf einer internetbasierten Daten- und Literaturrecherche, insbesondere der Auswertung der Jahresberichte der ostdeutschen Umweltverbände, sowie Interviews mit ostdeutschen Verbandsvertreter*innen. Die Erarbeitung der Studie wurde durch die Naturstiftung David gefördert.