Zum Tod von Friedrich Schorlemmer von Michael Zschiesche
Friedrich Schorlemmer ist tot. Er starb letzten Sonntag in Berlin im Alter von 80 Jahren. Er galt als der Bürgerrechtler der DDR, als Friedens-, Menschenrechts- und Umweltanwalt. Sein aus der Bibel entlehnter Spruch „Schwerter zu Pflugscharen“, wo er 1983 auf dem Höhepunkt der Kriegsangst in Wittenberg wirkmächtig ein Schwert von einem Schmied auf dem Platz vor der Kirche umformen ließ, war seitdem Erkennungszeichen der unangepassten DDR-Jugend. Der Spruch machte ihn berühmt. Aber, er war auch einer der wenigen Bürgerrechtler, die sowohl von den 1989 neu entstandenen aber zahlenmäßig immer kleinen Kräften und Aktiven wie dem Neuen Forum oder dem Demokratischen Aufbruch als auch von progressiven Teilen der PDS anerkannt wurde.
Mit Friedrich Schorlemmer stand ich 1994 im Austausch, weil ich ihn um einen Beitrag für mein Buchprojekt „Alles wird besser – Nichts wird gut – Wege zur ökologischen Wende“ bat, den er auch lieferte. Ursprünglich wollte ich ein Interview mit ihm führen, auch um den vielbeschäftigten Mann nicht allzu sehr zeitlich zu strapazieren. Er schlug jedoch zu meiner Überraschung vor, einen eigenen Text zu liefern. Das freute mich sehr. Der Text „Eines Tages…“ ist nach wie vor lesenswert und aktueller, als er sein sollte. Friedrich Schorlemmers Stimme, seine Klugheit, sein Einmischen wird fehlen. Es bleiben seine Schriften, Bücher und Gedanken: „Fürchtet euch nicht? Doch! Fürchtet euch! Das ist die Botschaft: Geht gegen alles an, was Furcht macht, was Düsternis verbreitet, was Natur zerstört, was gnadenlos ausbeutet, was Brot vorenthält und Freiheit beschränkt, Denken verengt, was Geld herrschen und Macht entgleiten lässt! Mag sein, dass die Welt morgen untergeht, schrieb Dietrich Bonhoeffer 1942, doch erst dann wollen wir die Arbeit für eine bessere Welt niederlegen, vorher nicht.“