Elektronische Beteiligungsrechte im Umweltschutz in der Europäischen Union stärken (Aarhus-Strong)

Die digitale Öffentlichkeitsbeteiligung im Umweltschutz ist ein wesentliches Element moderner Demokratie. Insbesondere wenn große Infrastrukturprojekte, wie der Bau von Kraftwerken, Fabriken oder Eisenbahnnetze umgesetzt werden sollen, ist die gesamte Gesellschaft betroffen. Die Rechtsvorschriften der Europäischen Union (EU) und die Aarhus-Konvention sehen eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) vor, bei der die betroffene Öffentlichkeit ihre Bedenken, Bedürfnisse und Fachwissen einbringen kann. Die zuständigen Behörden sind verpflichtet, Informationen über die Vorhaben zu veröffentlichen und Online-Portale für die UVP bereitzustellen. Die konkrete Umsetzung der UVP-Portale gestaltet sich allerdings in jedem EU-Staat anders und die im Zuge des digitalen Wandels neu entstandenen elektronischen Beteiligungsmöglichkeiten werden kaum genutzt. 

Ziel des Projekts „Aarhus-Strong” ist daher die Stärkung der elektronischen Beteiligungspraxis der Umweltbehörden der EU-Mitgliedsstaaten. Die Stellungnahmen der Öffentlichkeit und der Umweltverbände sollen bei der Planung und Genehmigung von umweltbezogenen Vorhaben, Plänen und Programmen umfassender berücksichtigt werden. 

In Zusammenarbeit mit unserem slowenischen Projektpartner (PIC – Legal Center for the Protection of Human Rights and the Environment) und den Projektpartner*innen aus Estland (Estonian Environmental Law Centre), Spanien (International Institute for Law and the Environment) und Ungarn (Environmental Management and Law Association) haben wir den aktuelle Stand der digitalen Öffentlichkeitsbeteiligung in umweltrelevanten Planungs- und Genehmigungsverfahren in den jeweiligen Ländern analysiert und nationale Herausforderungen sowie Good-Practice-Beispiele identifiziert.  

Aarhus Digital

Auf Basis unserer Analysen haben wir den praxisorientierten Leitfaden Aarhus Digital in Form einer Webseite erstellt, der Good-Practice-Beispiele zur Gestaltung von Beteiligungsportalen aus elf EU- und nicht-EU Ländern vorstellt. Der Leitfaden dient als Inspiration für europäische Umweltverwaltungen und andere Akteur*innen. Er soll die Schaffung von digitalen Kompetenzen und Kapazitäten innerhalb der Umweltbehörden unterstützen. Der Leitfaden ist außerdem für interessierte Bürger*innen und Umweltverbände relevant und bietet Hintergrundinformationen zur Aarhus-Konvention, eine Toolbox für digitale Öffentlichkeitsbeteiligung und weiterführende Informationen zu digitalen Erörterungsterminen. 

Zur Webseite Aarhus-Digital

Grundlage für den Praxisleitfaden war der Länderbericht, der gemeinsam in Zusammenarbeit mit unseren Projektpartner*innen entstanden ist. In dem Bericht analysieren wir den Stand der digitalen Öffentlichkeitsbeteiligung in Estland, Deutschland, Slowenien, Spanien und Ungarn. Die Studie untersucht die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die digitale Öffentlichkeitsbeteiligung, da diese insbesondere zur Digitalisierung von Präsenz-Erörterungsterminen geführt hat. Schwerpunktmäßig behandelt die Studie auch die Ausgestaltung der UVP-Portale oder vergleichbarer Online-Angebote. Die Ergebnisse zeigen, dass der Digitalisierungsgrad der UVP-Portale in den untersuchten Ländern stark variiert. Effektive Beteiligung ist teilweise kaum möglich, obwohl die Rechte der Aarhus-Konvention für alle EU-Bürger*innen gelten. 

Bisher haben wir außerdem drei Workshops mit internationalem Fachpublikum durchgeführt und dort die Beteiligungssituation in verschiedenen EU-Ländern mit Länder-Expert*innen diskutiert, sowie ein Policy Paper mit Fokus auf die EU-Gesetzgebung veröffentlicht.

Teil des Projektes war außerdem das „European Innovation Lab“, ein Wettbewerb, bei dem junge Fachleute aus der EU ihre Ideen und Vorschläge zur Konzeption einer Plattform einbringen konnten, die den Anforderungen und Zielen einer modernen digitalen Öffentlichkeitsbeteiligung gerecht wird. Das Modell Discourse belegte den ersten Platz. 

Die Projektergebnisse werden auf einer Abschlussveranstaltung im November 2024 vorgestellt, bei welcher sich NGOs, Jurist*innen, Vorhabenträger*innen und Vertreter*innen von Umweltbehörden zu digitalen Beteiligungsmöglichkeiten austauschen können.