Ungerechte Ungleichheit
„Das ist aber ungerecht!“ Wenn mit diesem Satz etwas beschrieben wird, dann ist es häufig eine als ungleich empfundene Verteilung – zum Beispiel von Vor- und Nachteilen bzw. von Lebenschancen und -risiken. Gerechtigkeit ist ein normatives Leitbild. Nicht jede Ungleichheit ist automatisch ungerecht, aber Ungerechtigkeiten hängen häufig mit Ungleichheiten zusammen. So ist das auch bei Umwelt- und Klimagerechtigkeit.
Ungleiche Verteilung von Umweltbelastungen
Umweltgerechtigkeit im engeren Sinne ist ein disziplinübergreifender, integrativer Handlungsansatz zur Verringerung sozialer Ungleichheiten in den Bereichen Umwelt und Gesundheit. Denn Umweltbelastungen wie Lärm oder Luftschadstoffe sowie der Zugang zu gesundheitsrelevanten Umweltressourcen wie Grünflächen sind ungleich verteilt. In vielen Städten sind sozial benachteiligte Quartiere und deren Bewohner*innen besonders stark von derartigen Belastungen betroffen. Diese Ungleichverteilung verschärft bereits vorhandene Unterschiede in der Gesellschaft und stellt die Politik vor Herausforderungen. Es bedarf eines gemeinsamen Handelns diverser Akteur*innen, um den komplexen Problemen zu begegnen und gesunde Umwelt- und Lebensverhältnisse für alle zu schaffen. Der Ansatz der Umweltgerechtigkeit verknüpft also Fragen zu Nachhaltigkeit, sozialer Gerechtigkeit, Gesundheit und Partizipation.
Die intergenerationelle und globale Perspektive der Klimakrise
In weiterem Sinne und global gedacht, hängt Umweltgerechtigkeit stark mit dem normativen Konzept der Klimagerechtigkeit zusammen, welches Gerechtigkeits- und Verteilungsfragen in Bezug auf die Klimakrise in den Mittelpunkt stellt. Vereinfacht gesagt, sind es Dimensionen von Ungleichheit, die den Kern der Klimagerechtigkeitsdebatte ausmachen: die zeitliche und die räumliche Dimension. Bei beiden geht es darum, dass eine Seite ungleich stark davon profitiert, dass sie Treibhausgase emittiert und Ressourcen verbraucht (hat), aber die negativen Risiken, die dadurch entstehen vor allem auf andere überträgt. Aus der zeitlichen bzw. intergenerationellen Perspektive wird dies sehr deutlich: Künftig lebende Generationen müssen sich besonders stark mit den negativen Folgen des anthropogenen Klimawandels und des Biodiversitätsverlusts auseinandersetzen, für die sie selbst nichts können. Denn diese Folgen sind durch vergangene und die gegenwärtig lebende Generation(en) verursacht worden. Sollten wir als gegenwärtige Generation stattdessen nicht eher dafür sorgen, dass nachfolgenden Generationen ausreichend gute, oder im Vergleich mit uns ähnliche oder sogar bessere Umwelt- und Lebensbedingungen haben? Wie können wir entsprechend an strukturellen Veränderungen mitwirken?
Auch aus globaler Perspektive lässt sich beim Klimawandel diese Ungleichheit zwischen Verursachenden bzw. Profiteur*innen einerseits und von den negativen Folgen besonders Betroffenen andererseits feststellen. Industrie- und Schwellenländer haben als Hauptverursachende eine besondere ethische Verantwortung, Treibhausgasemissionen massiv zu senken, die irreversible Auslösung möglicher Kipppunkte im Erdklimasystem noch zu verhindern und den Klimawandelfolgen entgegenzuwirken. Das bedeutet auch, besonders vulnerable Gruppen, die häufig im sog. Globalen Süden zu finden sind, dabei zu unterstützen, dass ihre menschenrechtlich garantierten Ansprüche auf einen adäquaten Lebensstandard nicht unterlaufen werden. Die Klimagerechtigkeit nimmt somit verschiedene Gerechtigkeitsdimensionen in den Blick und verbindet Menschenrechte mit dem Klimaschutz. Es werden internationale, intergenerationelle und intragesellschaftliche Ebenen der Gerechtigkeit betrachtet.
Unsere Arbeit für Umwelt- und Klimagerechtigkeit
Mit verschiedenen Bildungsprojekten erarbeiten wir mit Kindern und Erwachsenen die unterschiedlichen Dimensionen der Klimakrise und der Klimagerechtigkeit, geben Handlungsempfehlungen und Projektideen mit, fördern Sensibilität und den Perspektivwechsel im Sinne des Globalen Lernens und formulieren Kernforderungen an die Politik. Das UfU setzt sich mit seiner Arbeit dafür ein, dass Umweltgerechtigkeit sowohl auf kommunaler, als auch nationaler Ebene gefördert wird, Governance-Prozesse dahingehend verbessert und die Beteiligungsmöglichkeiten der Zivilgesellschaft in entsprechenden politischen Entscheidungsprozessen gestärkt werden. Darüber hinaus unterstützt das UfU die Arbeit von NGOs im Bereich der globalen und intergenerationellen Klimagerechtigkeit, insbesondere durch angewandte Forschung und Beratung zu Klimaklagen.
Weiterführende Links:
→ Mehr über das Projekt KlimaGesichter
→ Kurzvideos zu einigen unserer Botschafter*innen im KlimaGesichter-Projekt
→ Podcast mit unserem Mitarbeiter Christoph über Klimagerechtigkeit
→ Unser Mitarbeiter Sami erzählt über seine Klimaflucht
→ Umweltgerechtigkeit in der Hauptstadt
Ansprechpartnerin
Larissa Donges
Klimaschutz & Transformative Bildung
Dipl. Geoökologin
Fachgebietsleiterin
Telefon: +4930 4284 993 39
Email: larissa.donges@ufu.de
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