Fachkongress und Praxisleitfaden „Umweltgerechtigkeit umsetzen in Berliner Quartieren“

Umweltgerechtigkeit (UG) ist ein disziplinübergreifender, integrativer Handlungsansatz zur Verringerung sozialer Ungleichheiten in den Bereichen Umwelt und Gesundheit, der mehr und mehr an Bedeutung gewinnt. Denn Umweltbelastungen wie Lärm oder Luftschadstoffe sowie der Zugang zu gesundheitsrelevanten Umweltressourcen wie Grünflächen sind oft ungleich verteilt. In vielen Städten, so auch in Berlin, sind sozial benachteiligte Quartiere und deren Bewohner*innen besonders stark von Belastungen betroffen. Diese Ungleichverteilung verschärft bereits vorhandene Ungleichheiten in der Gesellschaft und stellt die Politik vor Herausforderungen. Es bedarf eines gemeinsamen Handelns unterschiedlichster Akteur*innen, um den komplexen Problemen zu begegnen und gesunde Umwelt- und Lebensverhältnisse für alle zu schaffen. Dabei ist die politische Verankerung und Implementierung auf Bundesebene genauso entscheidend, wie die konkrete Umsetzung innerhalb der Städte und Quartiere.

Berlin hat in dieser Hinsicht bereits eine gewisse Vorreiterrolle und hatte sich schon in den Koalitionsvereinbarungen für die Legislaturperiode 2016 – 2021 das Ziel gesetzt, die Anzahl der mehrfach belasteten Gebiete und die Betroffenheit der Berliner*innen deutlich zu reduzieren. Um das sozialraumorientierte Verwaltungshandeln in den Teilräumen der Hauptstadt zu stärken und Grundlagen für eine Neuausrichtung der Umweltpolitik bereitzustellen, hat das Land Berlin bundesweit als erster Metropolenraum die Berliner Umweltgerechtigkeitskonzeption erarbeitet. Mit seinem Umweltgerechtigkeitsatlas hat Berlin methodisch und instrumentell Schrittmacherdienste für die bundesweite Einführung von Umweltgerechtigkeitsinstrumenten entwickelt. Im Vordergrund steht dabei die Erarbeitung einer sozialräumlich orientierten Umweltbelastungsanalyse als Grundlage für integrierte Strategien und Maßnahmen an der Schnittstelle der Bereiche Stadtentwicklung, Städtebau, Umwelt und Gesundheit. Auch im Koalitionsvertrag 2021-2026 ist verankert, dass der Bericht zur Umweltgerechtigkeit zukünftig fortgeschrieben und  Umweltgerechtigkeitskarten regelmäßig vorgelegt werden sollen.

Ein weiterer Hebel für die Förderung von Umweltgerechtigkeit ist die Städtebauförderung. Auf Grundlage des Monitorings Soziale Stadtentwicklung (MSS) und den sich daraus ergebenden Gebieten mit besonderem Aufmerksamkeitsbedarf (GmbA) können diese Gebiete in die Förderkulisse des Sozialen Zusammenhalts / Quartiersmanagements aufgenommen werden, u.a. mit dem Ziel, vor Ort Umweltgerechtigkeit zu fördern. Das Städtebauförderungsprogramm Sozialer Zusammenhalt sieht bereits seit 2016 vor, Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltgerechtigkeit zu fördern. Dies ist in der VV Städtebauförderung des Bundes verankert. Hinzu kommen Fördervoraussetzungen zum Stadtgrün sowie neun unterschiedliche Themen zur Verbesserung des Klimaschutzes und der Klimaanpassung. Auch innerhalb der „Ressortübergreifenden Gemeinschaftsinitiative zur Stärkung sozial benachteiligter Quartiere“ ist das Thema Umweltgerechtigkeit als Ressortbeitrag der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz (SenUMVK) verankert.

Um eine Zwischenbilanz der Entwicklungen zum Thema Umweltgerechtigkeit in Berlin zu ziehen und Akteur*innen zu vernetzen, haben das Unabhängige Institut für Umweltfragen e.V. (UfU) gemeinsam mit dem BUND Berlin und dem Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg bereits vom 30.-31. Januar 2020 den Kongress „Umweltgerechtigkeit in Berlin – Vom Konzept zur Praxis“ durchgeführt, der vom Berliner Senat für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz finanziert wurde.

Ausgehend von den Erfahrungen dieses Kongresses und der zwischenzeitlichen Weiterentwicklungen werden UfU und BUND Berlin im Mai 2023 einen zweiten Kongress zur Umweltgerechtigkeit organisieren und in einem bereits in 2022 startenden partizipativen Prozess mit interessierten Quartiers­manager*innen einen Praxis­leitfaden „Umweltgerechtigkeit umsetzen in Berliner Quartieren“ erarbeiten.

Ziel des Praxisleitfadens ist es, die konkreten Bedarfe und Erfahrungen der QM-Teams aufzugreifen und sie in ihrer Arbeit vor Ort mit den Bewohner*innen benachteiligter Quartiere darin zu unterstützen, Umweltgerechtigkeit zu fördern. Die partizipative Erarbeitung des Leileitfadens gemeinsam mit interessierten Quartiersmanager*innen und ggfs. auch Klimaschutz­beauftragten findet in einem mehrstufigen Prozess statt.

Der für Mai 2023 geplante Kongress „Umweltgerechtigkeit im Quartier – vernetzt und partizipativ Zukunft gestalten“  wird folgende Ziele verfolgen:

  • Vorstellung und Diskussion des aktualisierten, überarbeiteten Berichts zur Umweltgerechtigkeit in Berlin
  • Vernetzung von relevanten lokalen Akteur*innen aus Praxis, Zivilgesellschaft und Wissenschaft sowie Politik und Verwaltung zum Thema Umweltgerechtigkeit
  • Fachlicher Austausch und Zusammenarbeit zwischen Teilnehmenden in Foren/Werkstätten
  • Austausch über den Entwurf des Praxisleitfadens
  • Initiierung von Projekten und Maßnahmen in mehrfach belasteten Quartieren Berlins
  • Verstetigung des Austausches relevanter Akteur*innen zum Thema Umweltgerechtigkeit in Berlin