UfU Informationen | Ausgabe 14 – Juni 2025 | Pauline Wyrowski & Sophie Dolinga
Studie zur Entwicklung politischer Teilhaberechte
Das UfU untersucht die Klimabewegung in Deutschland
Im Januar 2025 veröffentlichte das UfU gemeinsam mit Green Legal Impact, dem Maecenata Institut, dem Institut für Protest- und Bewegungsforschung sowie dem Institut für Humangeographie der Universität Frankfurt am Main die „Green Legal Spaces Studie 2025“. Die Studie untersucht die Veränderungen der zivilgesellschaftlichen Handlungsspielräume der Klimabewegung in Deutschland seit 2019 und macht auf Einschränkungen der politischen Teilhabe aufmerksam.
Die Green Legal Spaces Studie zeigt auf, wie die Teilhabe derjenigen, die am lautesten auf die Gefahren der Klimakrise hinweisen, auf verschiedenen Ebenen erschwert wird. Dabei sind Teilhabemöglichkeiten, wie die Versammlungs-, Meinungs- und Vereinigungsfreiheit, essenziell für das Funktionieren unserer Demokratie und die Gewährleistung eines sicheren zivilgesellschaftlichen Raums. Eine aktive Zivilgesellschaft ist nicht zuletzt angesichts der weitreichenden Veränderungen, die für eine Bearbeitung der Klimakrise notwendig sind, unabdingbar, um diese Veränderungen gesellschaftlich auszuhandeln und zu verankern.
Die Untersuchung der Green Legal Spaces umfasst vier Teilstudien, die unterschiedliche Aspekte der zivilgesellschaftlichen Handlungsspielräume und ihrer Entwicklungen analysieren.
So zeigt die Studie auf, dass ein Großteil der befragten Klimaaktivist*innen bereits spürbare Einschränkungen ihrer demokratischen Rechte erlebt haben. Ca. ein Drittel der Befragten macht sich zudem Sorgen, dass der Aktivismus sich negativ auf andere Lebensbereiche, wie Berufsperspektiven, auswirken könnte.
Die Analyse der Polizeiaktivitäten in Bezug auf Klimaproteste in der Studie zeigt eine Zunahme der polizeilichen Maßnahmen in den Jahren 2022 und 2023. Dabei rückten in der öffentlichen Darstellungen immer mehr Sicherheitsfragen in den Fokus und Klimaproteste wurden vermehrt als Sicherheitsrisiko dargestellt.
Mit Blick auf das Handeln der Behörden, Staatsanwaltschaften und Gerichte wird in der Studie festgestellt, dass es zu Tendenzen einer Routinisierung und Standardisierung im Umgang mit Klimaprotesten kommt. Das bedeutet auch, dass neue Protestformen in bestehende Routinen eingegliedert und mit standardisierten Strafen belegt werden, die dann über das Maß der Verhältnismäßigkeit des Einzelfalls hinausgehen können.
Am UfU haben wir im Rahmen der Studie den medialen Diskurs ins Auge genommen und uns eingehend mit der Darstellung von Klimaprotesten und Klimaaktivist*innen in der Berichterstattung verschiedener Tageszeitungen beschäftigt.
In der Analyse des Diskurses wird deutlich, dass negative Darstellungen und Abwertungen von Klimaprotesten und –aktivist*innen im gesamten Untersuchungszeitraum, und somit auch seit den Anfängen der Fridays for Future-Proteste in Deutschland, Teil der öffentlichen Debatte sind. Dazu gehört die Darstellung von Klimaaktivist*innen als illegitime Akteur*innen, beispielsweise als infantil oder fremdgesteuert, oder die Wertung von Klimaprotesten als Angriff auf Recht und Ordnung.
Insbesondere in den Jahren 2022 und 2023 kommt es allerdings zu einer qualitativen und quantitativen Verschärfung des Diskurses über Klimaproteste. Quantitativ kann eine Zunahme von kritischen bis abwertenden Darstellungen von Klimaprotesten und Aktivist*innen in dem Zeitraum festgestellt werden. Eine qualitative Tonverschärfung zeigt sich darin, dass zunehmend vermeintliche, weitreichende Konsequenzen von Klimaprotesten, wie die Gefährdung von politischen, wirtschaftlichen und sozialen Strukturen, beschrieben oder prognostiziert werden. So werden z.B. Klimaproteste öfter als Bedrohung der öffentlichen Sicherheit, der Wirtschaft oder des gesellschaftlichen Zusammenhalts dargestellt und Vergleiche von Klimaaktivist*innen und Klimaprotesten mit terroristischen Gruppen oder Handlungen im Diskurs präsenter.
Solche Darstellungen und Abwertungen dienen als Grundlage für die Legitimierung oder Verschärfung repressiver Maßnahmen. Die schleichende Einschränkung von Teilhabemöglichkeiten sowie die Zunahme von Repressionen und Diffamierungen gegenüber Aktivist*innen und zivilgesellschaftlichen Organisationen sind deutliche Warnzeichen für unsere Demokratie. In der Studie führen wir verschiedene Handlungsempfehlungen an, um diesen bedenklichen Entwicklungen entgegenzuwirken.
So muss der Schutz der Grundrechte auf Versammlungs-, Meinungs- und Vereinigungsfreiheit gewährleistet und gefördert werden. Weitergehend sollten Gesetze und Praktiken, die zur Überwachung und Bestrafung von Klimaaktivist*innen genutzt werden können, überprüft und reformiert werden. Es muss sichergestellt werden, dass Instrumente zur Bekämpfung von Terrorismus nicht missbräuchlich gegen friedliche Aktivist*innen eingesetzt werden. Ziviler Ungehorsam sollte als legitimer Ausdruck demokratischer Teilhabe anerkannt werden. Klimaaktivist*innen sollten nicht öffentlich diffamiert werden und Berichterstattung über Proteste sollte Inhalte und Forderungen der Aktivist*innen berücksichtigen. Außerdem sollte eine Wiederherstellung des Vertrauens der Öffentlichkeit in die Versammlungsbehörden und die Polizei, durch die Entwicklung transparenter und deeskalierender Einsatzrichtlinien sowie durch effektive und unabhängige Beschwerdemechanismen, stattfinden.