UfU Informationen | Ausgabe 9 – Juli 2023 | Vorwort

Vorwort der Redaktion

Liebes UfU-Mitglied, liebe(r) Freund*in,

warm ist es geworden. Während sich die meisten Menschen verständlicherweise über sommerliche Temperaturen freuen, wird in Frankreich gerade das Wasser knapp, sinken die Wasserstände im Rhein noch früher als im Vorjahr, erlebte Spanien bereits im April Temperaturen von fast 40 Grad. Mit dem Eintreten von Hitzewellen, die inzwischen durch den menschengemachten Klimawandel immer häufiger vorkommen, gehen erneut Diskussionen um zentrale Punkte wie Frischluftversorgung, grüne Infrastruktur, Hitzeinseln, die Versorgung von alten Menschen und weiteren — also Diskussionen um Klimaanpassung einher.

Wir stecken längst drin in der Klimakrise. Auch wenn nach wie vor alles darangesetzt werden muss, eine weitere Verschärfung der Erderwärmung zu verhindern, werden wir um Forschung, personellen und finanziellen Einsatz für Klimaanpassung, gerade in unseren Großstädten, nicht herumkommen. Schon heute leiden viele Menschen in Deutschland an heißen Sommertagen unter zu hoher Luftverschmutzung, geringer Verfügbarkeit von grüner Infrastruktur und Hitzeinseln.

Insbesondere die Finanzierung der Transformation unserer Energieversorgung, unseres Verkehrs und unserer Gebäude muss entsprechend hoch sein, wenn wir die aktuelle Lage nicht weiter verschärfen wollen. Ein Aspekt, der in solchen Diskussionen jedoch immer zu kurz kommt, ist der Gerechtigkeitsaspekt. Gerechtigkeit bedeutet: Gleiches wird gleichbehandelt, Ungleiches wird ungleich behandelt.

Wenn also längst feststeht, dass Länder im globalen Norden die Hauptverursacher der Klimakrise sind, Länder im globalen Süden aber am stärksten unter ihr leiden, dann wirft das grundlegende Fragen bezüglich der globalen Gerechtigkeit auf — Stichwort Klimagerechtigkeit.

Wenn längst feststeht, dass wohlhabende Menschen einen um ein vielfaches höheren CO2-Fußabdruck haben, als ärmere Menschen, letztere aber durch verschärfte Umweltbelastungen am wenigsten vor den Auswirkungen der Klimakrise geschützt sind, wirft das grundlegende Fragen bezüglich der Gerechtigkeit innerhalb unserer Gesellschaft auf — Stichwort Umweltgerechtigkeit.

Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass die zunehmend starken Auswirkungen des Klimawandels und Belastungen wie Luftverschmutzung, Lärm etc., Menschen in dicht besiedelten Wohngebieten wie beispielsweise Neukölln in Berlin anders trifft, als Menschen im Einfamilienhaus mit Garten in Wannsee. Bleibt man bei diesem Beispiel und vergleicht exemplarisch den CO2-Fußabdruck der Menschen aus diesen beiden Szenarien, so wird klar, dass die Treibhausgasemissionen der Menschen mit Einfamilienhaus in Wannsee wesentlich höher sind, als der Menschen, die in der Wohnsiedlung in Neukölln wohnen.

Studien von Lucas Chancel vom World Inequality Lab zeigen, dass die unteren 50 Prozent der Bevölkerung in europäischen Staaten und den USA bereits den CO2-Ausstoß auf ein Level reduziert haben, das den Kriterien von Paris entspricht oder fast entspricht. Diese doppelte Ungerechtigkeit als Nichtverursacher auch noch härter von der Klimakrise betroffen zu sein, als Menschen mit vergleichsweise hohem CO2-Fußabdruck birgt Spaltungspotential und wirft grundlegende Fragen über die Konstitution unserer Gesellschaft auf.

Sind Emissionen durch Superyachten, Sportwägen, Privatjets, Weltraumtourismus und gigantische Anwesen in der aktuellen Zeit noch zulässig? Können die Kosten der Klimakrise auf die gesamte Gesellschaft übertragen werden oder müssten nicht vielmehr diejenigen die als Hauptverursacher dieser Entwicklungen gelten beispielsweise durch Steuern für Klimaanpassung und den Kampf gegen die Erderhitzung aufkommen?

Diese Fragen müssen dringend diskutiert werden und es lohnt sich dabei, über den Tellerrand hinauszublicken. Denn mit unserer bisherigen Wahl der Mittel hat sich weder das Wohlstandsgefälle in Deutschland verringert, noch sind die CO2-Emissionen in einem Maße gesunken, das das Einhalten des Pariser Klimaabkommens wahrscheinlich machen.

Aus diesem Grund widmet sich diese Ausgabe der UfU Informationen verschiedenen Gerechtigkeitsaspekten, wie der Jungendbeteiligung (denn vor allem junge Leute werden mit der Klimakrise in Zukunft zurechtkommen müssen), der Umweltgerechtigkeit innerhalb von Städten und der Verursachung von CO2-Emissionen bezogen auf den Wohlstand. Klimafragen sind immer auch soziale Fragen — Zeit diese zu beantworten.


Jonas Rüffer
Redaktionsleiter