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03. März 2023

Internationaler Tag des Artenschutzes – Ohne Artenvielfalt geht’s nicht!

Wissenschaftler*innen gehen davon aus, dass es ca. 8,7 Millionen verschiedene Arten auf der Erde gibt. Die meisten dieser Arten haben wir bisher nicht entdeckt. Etwa 1,8 Millionen Arten sind von Wissenschaftler*innen bisher beschrieben worden. Ungefähr 330.000 sind Pflanzenarten, den größten Anteil machen ca. 1,4 Millionen Tierarten aus, 140.000 sind Pilzarten[1]. Das heißt, die meisten Arten und ihre potentiell wichtigen Rollen im Ökosystem der Erde sind uns nicht bekannt. Was uns jedoch bekannt ist: Von den geschätzten 8,7 Millionen Arten weltweit sind fast eine Million Arten vom Aussterben bedroht, viele davon bereits in naher Zukunft.[2] Hauptursache: Der Mensch. Aus diesem Grund ist Artenschutz eines der wichtigsten Themen unserer Zeit.

Was ist Artenvielfalt?

Der Begriff Artenvielfalt beschreibt die Summe der unterschiedlichen Pflanzen-, Tier- und Pilzarten, sowie Mikroorganismen innerhalb eines Lebensraumes. Die Welt beinhaltet verschiedene Ökosysteme die miteinander verbunden sind und sich gegenseitig beeinflussen. Beispiele für diese Ökosysteme sind die Meere, Wälder, Savannen, Steppen, Moorlandschaften, etc. Innerhalb der Ökosysteme nehmen die einzelnen Arten unterschiedliche Rollen ein und bilden einen empfindlichen Kreislauf. Die Arten dienen als Nahrungsquelle für andere Arten, produzieren Sauerstoff, reinigen Böden, Luft und Wasser oder erfüllen andere Funktionen, die wiederum andere Arten zum Überleben brauchen. Uns Menschen liefern die unterschiedlichen Arten unter anderem Nahrung, Arzneimittel, Rohstoffe und dienen als Kohlenstoffspeicher. Sterben Arten in einem Ökosystem aus, werden die Kreisläufe gestört und können bei zu großen Lücken sogar zusammenbrechen.

Einfluss Mensch

Der gesamte Wohlstand des Menschen ist auf den unterschiedlichen Arten und ihren Funktionen im Ökosystem aufgebaut. Ähnlich wie bei einem Kartenhaus übernehmen die Arten wichtige Funktionen, meist dienen sie uns als Ressource und tragen so zu unserem Überleben und unserer heutigen Zivilisation bei. Diese Nutzung der natürlichen Ressourcen durch den Menschen überschreitet jedoch schon lange jede Grenze; die Erde und ihre Ökosysteme können sich nicht in dem Maße erneuern, in welchem wir sie ausbeuten. Etwa 150 Arten sterben pro Tag aus, Tendenz steigend, was einen allgemeinen Rückgang der Artenvielfalt nach sich zieht. Die Zerstörung von Lebensräumen, die Übernutzung von Ressourcen, die Einschleppung invasiver nicht heimischer Arten, die Verschmutzung von Luft und Wasser und der Klimawandel sind dabei die wichtigsten Faktoren. Das Kartenhaus droht zusammenzubrechen.

Invasive Arten und ihre Bedeutung für die Artenvielfalt

Immer wieder kommt es vor, dass sogenannte gebietsfremde Arten in Ökosystemen anzutreffen sind, in welchen sie eigentlich nicht heimisch sind. Diese Arten werden Neobiota genannt. Ihr Eintreffen in einem Ökosystem klingt im ersten Moment wie eine Bereicherung der Artenvielfalt. In einigen Fällen mag dies auch zutreffen. Jedoch wirken sich viele nicht heimische Arten eher nachteilig auf ihre Umgebung und die Artenvielfalt aus, weshalb diese Arten als invasive Neobiota bezeichnet werden.

Die häufigste Ursache für das Auftreten von invasiven Arten ist jedoch das absichtliche oder versehentliche Einschleppen durch den Menschen. Damit überwinden invasive gebietsfremde Arten natürliche Barrieren. Die fremden Ökosysteme sind ihnen oft durch das Fehlen von natürlichen Feinden schutzlos ausgeliefert.  Das Auftreten von invasiven Arten in Ökosystemen wird zusätzlich in vielen Fällen durch den Klimawandel begünstigt. Sich verändernde Temperaturen verändern auch Ökosysteme und bieten damit gebietsfremden Arten eine Lebensgrundlage, die vorher nicht vorhanden war. Einmal in ein Ökosystem eingedrungen können die invasiven Arten als starke Konkurrenten oder Fressfeinde heimischer Arten auftreten. Sie können Parasiten und Krankheitserreger einschleppen, gegen welche sie selber immun sind, denen heimische Arten dem jedoch nichts entgegen zu setzen haben. Heimische Arten werden dadurch verdrängt oder ihr Bestand stark reduziert, was negative Auswirkungen auf die gesamte Nahrungskette und das Ökosystem haben kann. Fehlt z.B. an irgendeiner Stelle im Ökosystem ein Tier oder eine Pflanze als Futter in der Nahrungskette, wird somit auch die nächste Art gefährdet; es erfolgt eine Kettenreaktion.

Der Weltbiodiversitätsrat (IPBES) bezeichnet die „Invasion fremder Arten“ als eine von fünf „direkten Triebkräften“ des weltweiten Artensterbens.

Die europäische Sumpfschildkröte als die einzige Schildkrötenart, die in Mitteleuropa natürlicherweise noch vorkommt, steht kurz vor dem Aussterben. Fang und Handel als auch die Zerstörung ihrer Lebensräume verringert ihren Bestand stetig. Seit der Einschleppung des aus Nordamerika stammenden Waschbären in für ihn nicht heimische Regionen, frisst dieser zudem die Sumpfschildkröten weg. Kopf und Gliedmaßen kann er dabei mit seinen Krallen einfach aus den Öffnungen des Panzers herausziehen. Bei bis zu 80% der untersuchten Sumpfschildkröten werden Verletzungen dieser Art gefunden, welche vor dem Auftauchen der Waschbären nie beobachtet wurden (NABU).

Auch erhebliche wirtschaftliche Schäden lassen sich auf invasive Arten zurückführen. Die Mitte des 19. Jahrhunderts in Australien übersiedelten Kaninchen aus Europa haben sich in kürzester Zeit rasant vermehrt, zerstören die dort heimischen Pflanzen und verursachen dadurch seitdem jährlich bis zu 200 Millionen Dollar an landwirtschaftlichen Schäden.

UfU Fokus aus invasive Arten

Das UfU betreibt seit Jahren zahlreiche Projekte zum Thema invasive Arten, hauptsächlich in Sachsen-Anhalt, seit letztem Jahr aber auch in Berlin. Auf diesem Gebiet hat sich das UfU zum Spezialisten entwickelt und findet immer wieder neue Möglichkeiten, durch innovative Herangehensweisen, die Forschung weiterzubringen.

Für das Land Berlin entwickelt das UfU derzeit eine Strategie zur Bekämpfung invasiver Arten, welche die behördlichen Strukturen und Abläufe optimieren soll, damit schnell und effektiv gegen die Ausbreitung invasiver Arten vorgegangen werden kann. Im IGAMon-Dog (Invasive Gebietsfremde Arten Monitoring Dogs) – Projekt werden Haushunde in den Artenschutz mit einbezogen. Hundehalter*innen und ihre Vierbeiner werden zu Artenspürhundeteams ausgebildet. Durch ihre empfindliche Nase eignen sich Hunde hervorragend zum Erschnüffeln von Tier- und Pflanzenarten. Im Projekt lernen die Hunde anzuzeigen, wenn sie eine solche invasive Pflanzenart auf einem Spaziergang in ihrer Umgebung entdecken. Über die vom UfU entwickelte Webseite und App KORINA können die Funde der Hunde und auch alle anderen Entdeckungen von invasiven Pflanzenarten per Foto und Standortangaben übermittelt werden. Die Daten werden von Biolog*innen im UfU regelmäßig überprüft. Das Projekt und die App sollen in Zukunft auch auf invasive Tiere erweitert werden. Wunsch ist, über die Einbeziehung der Bürger*innen (Citizen Science) umfängliche Daten zu allen invasiven Arten in ganz Deutschland zu sammeln. Bürger*innen können so ihrerseits die wissenschaftlichen Untersuchungen unterstützen und ergänzen und somit einen wichtigen und großen Beitrag zum Artenschutz leisten.

Was kann die Privatperson gegen invasive Arten tun?

Es gibt einige Dinge, auf die man als Privatperson achten kann, um die Einschleppung oder Ausbreitung einer gebietsfremden invasiven Art zu verhindern:

  1. Informiert euch über invasive Arten auf den gängigen Webseiten[3]
  2. Haltet die Augen offen, wenn ihr in der Natur unterwegs seid. Nutzt euer Handy und die App KORINA[4] oder den Artenfinder der Stiftung Naturschutz[5], um invasive Pflanzen und Tiere zu melden.
  3. Habt ihr einen Garten oder ähnliches, pflanzt nur heimische Arten. Gärtnereien sollten euch hierbei weiterhelfen können.
  4. Bringt keine Pflanzen-(samen) oder Tiere aus dem Urlaub mit nach Hause
  5. Reinigt eure Sport- und Urlaubsausrüstung (z.B. Zelt, SUP-Board, Wanderschuhe) gründlich, bevor ihr diese wieder einsetzt.
  6. Werft Müll und Essensreste grundsätzlich nur in die dafür vorgesehenen Tonnen in der Stadt und Natur. Essensreste locken Tiere an. Vor allem Waschbären verbreiten sich dadurch immer schneller, auch im städtischen Raum.
  7. Füttert keine wilden Tiere oder nehmt diese auf. Informiert euch vorher, was erlaubt ist und was nicht.

[1] Bundesamt für Naturschutz (BfN)

[2] IPBES

[3] Korina, Senatsverwaltung , Stiftung Naturschutz-Invasive Arten Berlin-Broschüre , EU-Verordnung zu invasiven Arten

[4] APP KORINA

[5] APP Artenfinder