Digitale Beteiligung souverän gestalten – Praxisleitfaden nun online!

Zugänglichere und ansprechendere Beteiligung durch Digitalisierung

Wie können die etablierten Beteiligungsformate in den digitalen Raum übertragen werden? Was muss bei der Umsetzung von digitalen Formaten beachtet werden? Und wie lassen sich die neuen Möglichkeiten nutzen, ohne dass die Qualität der Beteiligung darunter leidet?

In dem Projekt E-Partizipation Umwelt, gefördert durch das UBA und BMUV, wurde ein Praxisleitfaden entworfen, der Behörden Orientierung wie auch konkrete Hilfestellungen bei der Organisation digitaler Beteiligungsformate liefert. Durch die Realisierung des Leitfadens als Webseite „Digitale Beteiligung souverän gestalten“ konnte ein interaktives Format geschaffen werden, welches u.a. Auskunft über juristische Hintergrundinformationen sowie praktische Hinweise zur Planung und Durchführung digitaler Erörterungstermine als Videokonferenzen gibt. Der Praxisleitfaden ist seit Neuestem online zugänglich!

Bereits die gut besuchte Abschlussveranstaltung des Projekts am 22. Februar 2024 machte deutlich, dass das Thema digitale Beteiligung auf reges Interesse stößt, insbesondere auch bei der Zielgruppe der Verwaltung. Wie eine Abfrage zu Beginn der Online-Veranstaltung zeigte, verfügt der Großteil der Teilnehmenden bislang noch über keine Erfahrungen mit digitalen Erörterungsterminen, woraus sich ein direkter Bedarf nach Wissenstransfer sowie Erfahrungsaustausch ableiten lässt. Der erarbeitete Praxisleitfaden setzt an dieser Stelle an, und liefert eine Grundlage, auf der in Zukunft gezielt aufgebaut werden kann.

Die Entwicklung der Digitalisierung von Beteiligung

Die Digitalisierung der Beteiligung entwickelt sich seit Jahren stetig weiter und nimmt dabei verschiedenste Formen an: Von der Online-Einsicht in Antragsunterlagen bis hin zur Einreichung von Ideen über Beteiligungsplattformen. In Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und die damit einhergehenden Kontaktbeschränkungen verzeichnete die Öffentlichkeitsbeteiligung, wie viele andere Bereiche auch, einen starken Digitalisierungsimpuls. Vor allem durch das Planungssicherstellungsgesetz (PlanSiG) aus dem Jahr 2020 wurde die Durchführung digitaler Beteiligungsformate in Planungs- und Genehmigungsverfahren in Deutschland vorangetrieben und gesetzlich verankert. So konnten Erörterungstermine fortan durch sogenannte Online-Konsultationen, d.h. digitale schriftliche Verfahren, oder Video- und Telefonkonferenzen ersetzt werden. Diese Regelungen wurden nun Großteils verstetigt und gesetzlich weiter verankert. Digitalen Erörterungsterminen in Form von Videokonferenzen wird von vielen Beteiligten, im Vergleich zu einem schriftlichen digitalen Verfahren, ein größerer Mehrwert zugeschrieben. Aufgrund des dialogischen Formates von Videokonferenzen kann ein direkterer Austausch erfolgen, offene Fragen schnell geklärt und Missverständnisse ausgeräumt werden.

Worin liegt der Mehrwert digitaler Beteiligungsformate?

Digitale Beteiligungsformate bieten die Möglichkeit Beteiligungshürden abzubauen und Teilen der Bevölkerung, insbesondere auch weniger beteiligungs-affinen Menschen, die Teilnahme zu erleichtern. Durch die Ortsunabhängigkeit der Veranstaltung und des damit verbundenen Wegfalls der Anfahrtszeiten können Menschen derartige Beteiligungsveranstaltungen leichter in ihren Alltag integrieren. Das kommt insbesondere Personen zugute, deren Zeitkapazitäten stark begrenzt sind, wie jene mit einer hohen Arbeits- bzw. Sorgearbeitsbelastung. Zudem können digitale Formate vor allem für jüngere Generationen attraktiver und leichter zugänglich erscheinen. Auch bei Personen, die über wenig Beteiligungserfahrung verfügen, kann die digitale Teilnahme eine geringere Hürde darstellen als Präsenzveranstaltungen, die i.d.R. in einem formelleren Rahmen stattfinden. Auch können digitale Formate Personen die Teilnahme erleichtern, deren Mobilität eingeschränkt ist.

Dabei ist nicht zu vergessen, dass die Verlagerung von Beteiligungsformaten in den digitalen Raum auch neue Hürden, vor allem für wenig digital-affine Personengruppen, aufbaut. Unsicherheiten mit der Technik, fehlende Ausstattung oder unzureichende Internetverbindung sind Aspekte, die die Teilnahme stark erschweren kann. Lösungen, die in der Praxis bereits Anwendung finden, sind u.a. leicht verständliche und bebilderte Anleitungen der nötigen Software, eine telefonisch erreichbare Ansprechperson bei Fragen und technischen Problemen oder auch die Zurverfügungstellung von Internetfähigen Endgeräten durch die Organisator*innen. Generell sollte stets ein besonderes Augenmerk auf die potenziellen Barrieren der digitalen Öffentlichkeitsbeteiligung gelegt werden und wie diesen entgegen zu wirken ist.

Neben den Fragen der Zugänglichkeit von digitalen Formaten, wirkt sich die Digitalisierung auch auf die Organisation von Beteiligung aus. Bei der digitalen Öffentlichkeitsbeteiligung entfallen einige organisatorische Aufgaben und Kosten. Dazu gehört etwa die Raumsuche und -miete für analoge Veranstaltungen sowie Anfahrtszeiten. Hierin steckt Potenzial für effizientere Abläufe. Der anfängliche Mehraufwand, d.h. der Zeit- und Organisationsaufwand, der mit neuen Abläufen, Aufgaben und Verantwortlichkeiten einhergeht, kann über die Zeit gesenkt werden. Selbiges trifft auch auf Anschaffungskosten zu, bspw. technischer Ausstattung, die sich über die Zeit amortisieren. Was digitale Beteiligung wohl nicht leisten wird, ist zu einer umfangreichen Beschleunigung von Verfahren beizutragen. Die Stellschrauben dazu liegen an anderen Stellen.

Letztendlich birgt die Digitalisierung der Öffentlichkeitsbeteiligung viel Potenzial. Inwiefern das Versprechen der Digitalisierung von effizienten, niedrigschwelligen und schnellen Prozessen wirklich erfüllt werden kann, sollte bei der Planung und Durchführung von digitalen Formaten jeweils fallspezifisch bewertet werden. Digitale Beteiligungsformate führen nicht automatisch zu besseren Verfahren. Der Einsatz und die Etablierung dieser sollte gezielt erfolgen, um die Vorteile für die Beteiligten zu nutzen und den Prozess gleichzeitig anschlussfähig zu gestalten.


UfU führt erstmals Energiesparprojekte in Marzahn-Hellersdorf durch!

25. März 2024

UfU führt erstmals Energiesparprojekte in Marzahn-Hellersdorf durch!

Marzahn-Hellersdorf wird erster Berliner Bezirk mit Energiemonitoring im Projekt

Zu Beginn des zweiten Schulhalbjahres führt das UfU ein neues Energiesparprojekte an Schulen in Marzahn Hellersdorf durch. Die Energiesparprojekte haben eine lange Tradition im UfU. In den letzten 25 Jahren hat das UfU mehr als 1000 Schulen im Bereich Energiesparen betreut und gemeinsam mit Lehrpersonal und Schüler*innen den Ressourcenverbrauch an Schulen gesenkt. Dass es jetzt auch zwei Projekte in Marzahn-Hellersdorf gibt freut uns besonders, denn in diesem Bezirk führen wir zum ersten Mal Energiesparprojekte durch.

Energiemonitoring – Zum ersten Mal Teil eines Energiesparprojektes

Die Energiesparprojekte an Schulen sollen Schüler*innen für Fragen des Energiesparens und des Ressourcenschutzes sensibilisieren und gleichzeitig durch das Ergreifen von Energiesparmaßnahmen Selbstwirksamkeitserfahrung vermitteln. Über einen Zeitraum von zwei Jahren führen wir an dem Melanchthon-Gymnasium und dem Siemens-Gymnasium vertiefte pädagogische Beratung durch und arbeiten gemeinsam mit den Schüler*innen an der Reduktion des Ressourcenverbrauchs der Schulen.

Neben der intensiven energietechnischen Untersuchung der Schule und der Etablierung eines Energieteams wird auch zum ersten Mal ein Energiemonitoring in ein Berliner Energiesparprojekt integriert. Im Gegensatz zu den bisherigen Projekten in Berlin bedeutet dies, dass der Energieverbrauch an den Schulen transparent, sowie Mehrverbräuche und Einsparerfolge schnell sichtbar gemacht werden. Dadurch wird die Motivation gestärkt und die Hausmeister*innen bekommen eine Qualitätskontrolle, um konkrete Maßnahmen zum Energiesparen validieren zu können. Das UfU stellt die hierfür die nötigen technischen Ressourcen zur Verfügung, unterstützt die Hausmeister*innen bei der Eingabe der Daten, führt Plausibilitätsprüfungen durch und wertet die Daten unter Anwendung einer Benchmarkanalyse aus.

Projektdetails:

In dem Projekt sollen nichtinvestive bis geringinvestive Maßnahmen identifiziert werden, um Energie einzusparen. Zu den nicht-investiven Maßnahmen gehören organisatorische Maßnahmen wie die Etablierung von Energieteams, die Optimierung der Anlagensteuerung der Heizung und die Implementierung oder Erweiterung eines Energiemanagements durch kontinuierliche Erfassung und Steuerung des Strom-, Wärme- und Wasserverbrauchs in Kooperation und engen Austausch mit dem bezirklichen Energiemanagement. Außerdem wird erörtert, wie eine kontinuierliche Sensibilisierung bei den Schüler*innen und Lehrer*innen für klimaschonendes Verhalten sichergestellt werden kann.

Zu den geringinvestiven Maßnahmen gehören z.B. Austausch von Thermostatventilköpfen, Austausch der Leuchtmittel und Installation von Präsenzschaltern, Austausch von Kaltwasserarmaturen oder der Einsatz von Wasserspareinsätzen.

Warum gibt es die Energiesparprojekte?

Die Energiekosten von öffentlichen Gebäuden in Deutschland belaufen sich jährlich auf ca. 6 Milliarden Euro! Dabei gehören Schulen allein aufgrund ihrer großen Anzahl, 32.206 Schulen in Deutschland, neben Krankenhäusern zu den größten Energieverbrauchern der öffentlichen Hand und tragen somit auch zu einem hohen CO2-Fußabdruck bei. Mittelgroße Schulen haben ungefähre Energiekosten von 150.000 Euro im Jahr, Tendenz steigend. Nicht nur für klamme Kommunen und Schulträger ist deshalb die Reduktion der Verbräuche aus ökonomischer Sicht sinnvoll. Schulen sind vielmehr auch Orte des Lernens und dienen als wichtige Multiplikatoren. Lernen Kinder hier früh, dass ihr eigenes Verhalten und ihr Umgang mit Ressourcen einen Unterschied machen kann, tragen sie dieses Wissen in ihrem Umfeld weiter und erleben gleichzeitig Selbstwirksamkeit in einer Zeit, in der globale Krisen wie der Klimawandel unveränderbar erscheinen. Mit unseren Energiesparprojekten lassen sich die Ressourcenverbräuche an Schulen im Schnitt um 10% senken.


UfU Studie: Stand der digitalen Öffentlichkeitsbeteiligung in Umweltfragen in fünf EU-Mitgliedstaaten

Gemeinsam mit Partner*innen  aus Estland, Ungarn, Slowenien und Spanien haben wir den Stand der digitalen Öffentlichkeitsbeteiligung in Umweltfragen in fünf EU-Mitgliedstaaten und die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie untersucht.

Die digitale Öffentlichkeitsbeteiligung in Umweltfragen ist ein wesentliches Element moderner Demokratie, da eine effektive Einbeziehung der Öffentlichkeit zu informierteren Entscheidungen führt, die den Umweltschutz stärken. Gegenwärtig werden die Möglichkeiten der digitalen Beteiligung jedoch nur rudimentär und bruchstückhaft genutzt. Eine Stärkung der digitalen Beteiligungsverfahren durch die Behörden in den EU-Mitgliedstaaten kann daher zu einer solideren und umfassenderen Öffentlichkeitsbeteiligung im Allgemeinen führen. Ziel dieser Studie ist es, den aktuellen Stand der digitalen Öffentlichkeitsbeteiligung in fünf EU-Mitgliedstaaten zu bewerten, um eine erste Wissensgrundlage zu schaffen. In Zukunft können die gewonnenen Informationen genutzt werden, um die digitalen Fähigkeiten und Kapazitäten innerhalb von Genehmigungsbehörden zu verbessern.

Die Studie untersucht den unterschiedlichen Einsatz digitaler Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung in der EU in Bezug auf die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Es wird deutlich, dass es kein gemeinsames Verständnis darüber gibt, wie digitale Instrumente zur Förderung und Erleichterung der Öffentlichkeitsbeteiligung zu regeln und einzusetzen sind. Dieser vergleichende Ansatz kann die Behörden der Mitgliedstaaten jedoch dazu anregen, bewährte Verfahren aus den vorgestellten Ländern zu übernehmen und aus bestehenden Mängeln zu lernen.

Verbesserungsvorschläge

Nach der Bewertung der Situation in den fünf untersuchten Ländern ergeben sich die folgenden Verbesserungsvorschläge für eine effektive digitale Öffentlichkeitsbeteiligung.

UVP-Portale

  • Einrichtung eines einheitlichen nationalen UVP-Portals.
  • Alle Projekte und ihre relevanten Unterlagen werden auf dem UVP-Portal veröffentlicht.
  • Nicht-technische Zusammenfassung des Projekts und der Umweltverträglichkeitsstudie sind verfügbar.
  • Die Dokumente sind in einem benutzerfreundlichen Format herunterladbar.
  • Die Dokumente sind vollständig und in einem vordefinierten Ablagesystem mit leicht identifizierbaren Dateinamen organisiert.
  • Suchfunktion zum Auffinden von Fällen, Dokumenten und Text innerhalb von Dokumenten.
  • Durchsuchbare Archivfunktion zum Auffinden von Informationen über abgeschlossene Projekte.
  • Automatische Benachrichtigungen über Projekte in einem bestimmten Bereich oder Interessengebiet (z. B. per E-Mail oder App).
  • Das UVP-Portal ermöglicht direkte Kommentare zu Projekten ohne langwieriges Registrierungsverfahren.
  • Die Antworten auf die Kommentare der Teilnehmenden sind öffentlich und leicht online zugänglich.

Öffentliche Anhörungen

  • Online und offline zugänglich (Hybrid).
  • Einrichtung von Online-Anhörungen ohne vorherige Zustimmung aller Teilnehmenden.
  • Die betroffene Öffentlichkeit kann jederzeit an der Anhörung teilnehmen.

Allgemein

  • Spezifische separate Gesetzgebung zur elektronischen Öffentlichkeitsbeteiligung.
  • Die Standards für die elektronische Öffentlichkeitsbeteiligung müssen genauso hoch sein wie die für die persönliche Beteiligung.
  • Finanzierung von Pilotprojekten.
  • Verbreitung von Informationen über soziale Medien.


Für Demokratie stark machen - Weiteren Rechtsruck verhindern!

18. Januar 2024

Starke Zivilgesellschaft und intakte Natur stehen im Wechselverhältnis zueinander. Sind die natürlichen Ökosysteme als unsere Lebensgrundlage mehr und mehr beeinträchtigt, erhöht dies die Gefahr von (Ressourcen-)Konflikten[i]. Beispielsweise sorgt die sich verschärfende Klimakrise für immer mehr Wetterextreme und damit auch vertrocknete Ernten sowie defekte Infrastruktur und zieht dadurch verschiedene Krisen wie Hungerkatastrophen nach sich. Krisen und Konflikte wiederum sorgen ihrerseits für die Zerstörung der natürlichen Umwelt. So belaufen sich einer Studie zufolge wahrscheinlich 5,5% der globalen CO2-Emissionen auf das weltweite Militär[ii]. Zudem wird in Demokratien die Umwelt in der Regel besser und umfangreicher geschützt im Vergleich zu nicht-demokratischen Systemen. Wo die Umwelt eine starke Lobby hat, ist die Umweltbilanz der Staaten am besten.[iii]

Um anderen Menschen heute und in der Zukunft sowie auch uns selbst nicht die Grundlagen eines guten Lebens zu verwehren, sind wir daher als Freunde und Freundinnen, Nachbar*innen, Töchter und Söhne, Kinder und Eltern – als Menschen – moralisch dazu verpflichtet, uns dafür einsetzen, dass beides – Demokratie und funktionsfähige Ökosysteme -erhalten bleiben.

2024 ist als Wahljahr ein entscheidendes Jahr. Neben Landtagswahlen in Brandenburg, Thüringen und Sachsen werden diverse Kommunalwahlen abgehalten sowie die Europawahl. Diese Wahlen dürfen im Sinne des Wohls von Mensch und Umwelt kein Kipppunkt in Richtung Rechts werden. Daher ist es zum jetzigen Zeitpunkt noch existenzieller als zuvor, sich zu positionieren. Denn vieles, wofür wir täglich arbeiten, steht auf dem Spiel.

Echte nachhaltige Lösung bestehen nicht in Abschottung, sondern müssen solidarisch sein. Ein erster Schritt ist es, sich gegen Faschisierung und für Vielfalt, Demokratie und ein solidarisches Miteinander entschieden zu positionieren. Das UfU ruft daher dazu auf, die Demo in Halle (Saale) unter dem Motto „Dem Rechtsruck widersetzen – solidarisch. vielfältig. demokratisch.“ am kommenden Samstag, den 20.01.2024, ab 14:00 am August-Bebel-Platz, 06108 Halle zu unterstützen.

[i] Vgl. beispielsweise https://www.bosch-stiftung.de/de/storys/wie-klimawandel-und-konflikte-zusammenhaengen (letzter Zugriff: 16.01.2024)

[ii] Vgl. https://at.scientists4future.org/2023/05/15/co2-stiefelabdruck-des-militars/ (letzte Zugriff: 16.01.2024)

[iii] https://www.greenpeace.de/frieden/umwelt-demokratie

Aufruf zur Demonstration:

Dem Rechtsruck widersetzen – solidarisch. vielfältig. demokratisch.

Am 10. Januar veröffentlichte das Medienhaus CORRECTIV Recherchen zu einem Treffen im brandenburgischen Potsdam von AfD-Funktionsträger*innen, Neonazis, Mitgliedern von CDU, Werteunion, Vereinen und Unternehmer*innen. Bei diesem Treffen ging es um die massenhafte Vertreibung von deutschen Staatsbürgern, die als politische und gesellschaftliche Gegner der AfD gelten, Menschen, die Zuflucht gesucht haben, um Migrant*innen mit und ohne deutschen Pass. All jenen soll, nach den Plänen der AfD und der anderen Rechtsextremen, die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt werden und sie sollen in einen nordafrikanischen “Musterstaat” deportiert werden.

Das ist nichts anderes als ein Plan zur rassistischen und politischen “Säuberung” dieser Gesellschaft. Die Recherchen zeigen einmal mehr und in aller Deutlichkeit: Die AfD ist nicht nur parlamentarischer Arm der extremen Rechten, sondern arbeitet aktiv gegen die Demokratie und die plurale Gesellschaft. Sie ist eine ernsthafte Gefahr für die Würde eines jeden Menschen. Dass die extreme Rechte Vertreibungspläne schmiedet, ist weder überraschend noch neu. Ebenso, dass die AfD im Zentrum extrem rechter Organisierung steht und mit Vertretern der “Identitären Bewegung” und Neonazis gemeinsame Kampagnen und Strategien erarbeitet. Bis 2018 hatte der AfD-Landtagsabgeordnete Hans-Thomas Tillschneider sein Büro im rechtsextremen Hausprojekt der “Identitären Bewegung” in der Adam-Kuckhoff Straße in Halle (Saale). Auch der AfD-Fraktionsvorsitzende im Landtag von Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, nahm an dem Treffen teil und äußerte dort laut Bericht von CORRECTIV den Wunsch, Druck auf ausländische Restaurants auszuüben, um Menschen das Leben hier “so unbequem wie möglich” zu machen. Allein diese Aussage macht deutlich, dass er als Vorsitzender des Ausschusses für Soziales und Integration nicht tragbar ist. Vertreibungs- und Säuberungsfantasien gehen immer mit konkreter Gewalt einher – bereits jetzt melden die Opferberatungsstellen einen Höchststand an rassistischer und antisemitischer Gewalt. Das zwingt uns zum Handeln. Die Recherchen von CORRECTIV zeigen eindrücklich, wie ernst es der AfD mit den Plänen zum Umsturz dieser Gesellschaft ist und dass sie dabei auch auf finanzstarke Unterstützung setzen kann. Wir nehmen die jüngsten Veröffentlichungen zum Anlass, auch in Halle rechten Vertreibungsplänen entschieden entgegenzutreten und rufen zur entschlossenen und gewaltfreien Demonstration auf.

Dem Rechtsruck widersetzen – 20.01.2024 | 14:00 Uhr | August-Bebel-Platz
Gemeinsam fordern wir:

  1. Solidarität mit allen Betroffenen von menschenfeindlichen Ideologien
  2. konsequente und ernsthafte Prüfung eines AfD-Verbots
  3. Trockenlegung rechter Strukturen und ihrer Geldgeber*innen
  4. Normalisierung rechter Positionen, insbesondere durch demokratische Parteien, stoppen
  5. Stärkung der demokratischen Zivilgesellschaft

Wir fordern alle auf, sich dem, in ihrer Unterschiedlichkeit, anzuschließen: Werdet aktiv, seid solidarisch, kommt zur Demo und engagiert euch auch danach gegen die extreme Rechte!


Berufliche Bildung zukunftsfähig machen: BNE darf politischer werden!

Dialogveranstaltung „KlimaKompetenzen in der beruflichen Bildung“

Berufliche Bildung zukunftsfähig machen: BNE darf politischer werden!

Auszubildende und Lehrkräfte fordern ein besseres Curriculum und mehr Freiraum in der beruflichen Bildung, um gesellschaftlich relevante Themen zu integrieren!

30.11.2023

Wir stehen als Gesellschaft vor multiplen und sehr komplexen Herausforderungen, die umfassende politische, wirtschaftliche und soziale Veränderungen auf globaler Ebene erfordern. Die berufliche Ausbildung, als bedeutender Baustein in der Bildungsbiographie von derzeit 1,22 Millionen Menschen in Deutschland, sollte zusätzlich zu berufsspezifischen Lerninhalten, auch als Erfahrungs- und Gestaltungsraum von gesellschaftlicher Transformation verstanden werden.

Das Konzept einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) bietet teilweise schon wichtige Impulse, um aktuelle Themen wie Klimawandel, Wärmewende, Nachhaltigkeit und Transformation in die berufliche Bildung junger Menschen zu integrieren. Trotzdem ist die BNE nicht hinreichend, um den Herausforderungen der Gegenwart zu begegnen, denn sie fokussiert bisher meist auf individuelles Handeln und Konsumentscheidungen. Soll systemisches Denken und das Verständnis von kollektiven Handlungsprozessen gefördert werden, muss ebenfalls politische Bildung in den Stundenplan von Auszubildenden integriert werden. Hier setzt das von der Bundeszentrale für politische Bildung geförderte Projekt: „Klimakompetenzen in der beruflichen Bildung stärken“ an.

Am 30. November 2023 traten Auszubildende, Ausbilder*innen, Lehrkräfte, außerschulische Akteure und weitere Expert*innen der Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung (BBNE), und politischen Bildung in den Dialog. Es ging darum, wie zukunftsorientiertes, wechselseitiges Lernen mit Hilfe von Methoden aus der politischen Bildung und der BNE in der beruflichen Bildung befördert werden könnte. Das Besondere der Veranstaltung, die in der beruflichen Leuchtturmschule Hermann-Scheer in Berlin[1] stattfand, war der gleichberechtigte Austausch über Bedarfe, Ideen und Meinungen anhand der vielseitigen Perspektiven und Wirkebenen der verschiedenen Akteur*innen.

In Fokusgruppen und der anschließenden Paneldiskussion wurde deutlich, dass Themen wie die sozial-ökologische Transformation und die Gestaltung der Rahmenbedingungen, um diese mitzugestalten, noch stärker in die berufliche Bildung und den beruflichen Alltag der jungen Menschen einbezogen werden müssen. Dazu bedarf es unter anderem eine strukturelle Verankerung, welche die Zielkonflikte des Themas „Klimakrise“ im beruflichen Umfeld in den Blick nimmt. Gleichzeitig muss gewährleistet sein, dass Lehrkräfte befähigt sind, Reflexionsprozesse bei den Schüler*innen anzuregen. Mit der Förderung von Gestaltungskompetenz und dem nötigen Abstand zur Katastrophenpädagogik sollten wir dem Gefühl der Ohnmacht entgegenwirken, damit Berufsschüler*innen bestärkt werden, den bestehenden Herausforderungen zu begegnen und sich selbstwirksam in Prozesse einzubringen.

Aus Sicht der Lehrkräfte sind vor allem Rahmenbedingungen wie Änderungen im schulinternen Curriculum und die feste Verankerung von BNE im Unterricht essentiell, damit sie diese Themen in Zukunft in den Unterricht integrieren können. Dazu wären eine Weiterentwicklung der Standardberufsbildposition Nachhaltigkeit und das Kennenlernen neuer Methoden hilfreich. Insgesamt sollte es mehr Spielraum z.B. für die Diskussion aktueller politischer Themen geben, was zum einen zeitliche Ressourcen, sowie eine bessere Übersicht über aktuelle Materialien im Bereich der politischen BBNE bedarf.

Die Gruppe der Auszubildenden kritisierte veraltete Lehrwerke und Lehrinhalte, die wenig konkret mit ihrer späteren Arbeit im Betrieb zu tun haben. Sie sprachen sich für eine aktive Mitgestaltung von Rahmenbedingungen und Inhalten mit Hilfe der Lehrkräfte aus, wie z.B. der Gestaltung des Stundenplans und nachhaltigeren Unterrichtsthemen. Die Idee Politiker*innen für ihre Fragen und die Diskussion aktueller Themen an ihre Schule zu holen, wurde dankend angenommen und kann die Demokratiebildung befördern.

Eine dritte Fokusgruppe stellten Außerschulische Akteure und Bildungseinrichtungen, die ihre Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) bereits politischer denken, dar. Sie bereicherten die Veranstaltung mit der Präsentation ihrer Angebote und stellten konkrete Projekte wie Pimp my Future vor, bei dem Schüler*innen Ideen entwickeln, Anträge verfassen und darüber mit Politiker*innen in die Diskussion und Umsetzung gehen. Das gemeinsame Erproben der Methode Columbus vom EPIZ (Methode 29 und Video) stellte die Auswirkung von Perspektivwechseln und globalen Machtverhältnisse sehr wirkungsvoll dar und machte neugierig auf den abschließenden Markt der Möglichkeiten.

Innerhalb des Projekts bilden insgesamt drei Veranstaltungsformate die Basis für eine Ist-Stand Analyse aus der dann konkrete Interessen und Möglichkeiten für die verschiedenen Zielgruppen im Bereich BBNE und politischer Bildung abgeleitet werden können. Ein Konzeptpapier wird die Ergebnisse zusammenfassen und kann als Ausgangspunkt für die Entwicklung von Fortbildungen für Bildner*innen oder auch der strukturellen Verankerung der Themen in der beruflichen Bildung dienen.

 

[1] Eine von drei Leuchtturmschulen der Schulentwicklung beruflicher Schulen des epiz in Berlin


Berlins Schulen vor dem Hitzeschock? Klimaschutz-Fachtagung am 15.11.23 zeigt Nachholbedarf in vielen Bereichen

27. November 2023

Berlins Schulen vor dem Hitzeschock? Klimaschutz-Fachtagung am 15.11.23 zeigt Nachholbedarf in vielen Bereichen

Hitzerekorde, Extremwetter und Trockenheit in der Metropolregion Berlin. Das bedeutet auch erheblichen (Nachhol-)Bedarf für veränderte Lerninhalte und bauliche Anpassungen an Berlins Schulen. Das ist eines der wesentlichen Ergebnisse der 25. Fachtagung „Klimaschutz an Schulen“, die am 15.11.2023 in Berlin-Charlottenburg stattfand.

Die Klimakrise ist auch bei uns angekommen. Das veränderte Klima in Berlin hat erhebliche Auswirkungen auf unser Leben und damit auch auf das Leben unserer Kinder, die einen großen Teil ihrer Zeit in der Schule verbringen. Damit gehen wichtige Fragen einher: Was bedeuten die klimatischen Veränderungen für den Unterricht und die Lerninhalte in der Schule? Wie muss die bauliche Gestaltung der Schulen verändert werden? Wo liegen die größten Praxis-Hindernisse und wer unterstützt Lehrkräfte?

Auf der jährlichen Fachtagung „Klimaschutz an Schulen“, die das UfU organisiert, wurden diese Fragen im November 2023 diskutiert. Nach drei Impulsvorträgen wurden die Themen in sieben Praxis-Workshops vertieft, um Rüstzeug für den täglichen Unterricht zu bieten.

Berlin hat Nachholbedarf

Um sich an die klimatischen Veränderungen in Berlin anzupassen, muss noch viel passieren. Fassadenbegrünung, Solardächer, Schulgärten, Schwammstadt, Hitzeanpassung – das sind nur einige der Begriffe die mit der Schule der Zukunft im Zusammenhang stehen. In seiner Keynote erläuterte Schulbau-Staatssekretär Dr. Torsten Kühne den aktuellen Stand aus Sicht der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie. Mit der Berliner Schulbauoffensive sei ein Maßnahmenprogramm in die Wege geleitet worden, dass die Situation in den Schulen Berlins nachhaltig verbessert. Die Berliner Schulbauoffensive (BSO) ist das größte Investitionsvorhaben der letzten und laufenden Legislaturperiode. Seit dem Start 2016 mit etwa 189 Millionen Euro werden inzwischen rund 900 Millionen Euro pro Jahr für den Schulbau ausgegeben. Das Programm wird in verschiedenen Tranchen ausgerollt, zu denen nicht nur der Neubau von Schulen, sondern auch Sanierung, Umbau und Erweiterung gehören. Die in der aktuellen Tranche neu gebauten Schulen entsprechen dem KfW-Standard 55. Regenwassermanagement, extensive Dachbegrünung, Solaranlagen, die Verwendung nachhaltiger Baustoffe und ein Recyclingkonzept sind damit feste Bestandteile.

Zugang zu Energiedaten fehlt weiterhin

Auf der Fachtagung wurde erneut der Zugang zu den Energiedaten öffentlicher Nichtwohngebäude kritisch diskutiert, zu welchen auch Schulen gehören. Denn noch immer sind die Verbräuche in zahlreichen Berliner Schulen viel zu hoch. Inzwischen sind viele Schulen und andere öffentliche Nichtwohngebäude mit Smart Metern ausgestattet, hätten also die Möglichkeit die eigenen Verbräuche in kurzen Zeiträumen zu kontrollieren und Spitzenverbräuche zu identifizieren. Gesetzlich ist schon lange geregelt, dass Verbräuche öffentlicher Nichtwohngebäude öffentlich zugänglich gemacht werden müssen. Dies passiert aber meist nur in großen Abständen und als Zusammenfassung des Jahresverbrauchs. Schulen sind aber Orte des Lernens und damit auch des Erlernens der eigenen Handlungsverantwortung. Schüler*innen könnten durch den erleichterten Zugang zu den Verbrauchsdaten der Schule ein wesentlich verbessertes Verständnis des eigenen Handelns und damit auch der Wirksamkeit von Verhaltensänderungen bekommen.

Die trotz aller Neubauten bestehende Raumnot sowie fehlende Solardächer auf Bestandsgebäuden waren weitere Punkte, die Teilnehmende in der Diskussion anmerkten. Dass zum gesetzlich vorgegeben Stichtag Ende 2024 alle Berliner Schulen wirklich Photovoltaikmodule auf dem Dach haben werden, konnte Dr. Kühne nicht verbindlich zusagen.

Diese und zahlreiche andere Themen muss die Berliner Politik und Verwaltung gemeinsam mit den Schulen angehen, wenn Schulen auch in Zukunft gute Orte des Lernens bleiben sollen. Die zahlreichen Themen der Praxis-Workshops auf der Veranstaltung reichten von der grünen Schulhofgestaltung über praktisches Energiesparen, die Einbeziehung von Solaranlangen in den Unterricht, Fassadenbegrünung, Regenwasser- und Abfallprojekte bis zu Anleitungen für gelungene Klima-Aktionsstage.

Mit Blick darauf, dass es in Berlin rund 1000 Schulen gibt und diese mit ihren nahezu eine halbe Millionen Schüler*innen zu den größten Energieverbrauchern der öffentlichen Hand gehören, wird klar, dass es ein klimaneutrales Berlin ohne die Schulen nicht geben wird.

Unser besonderer Dank gilt Stephan Natz von den Berliner Wasserbetrieben (BWB), welcher in seinem Impulsvortrag die Bedeutung der Berliner Wasserbetriebe als Ausbildungsbetrieb und als Bildungsstätte für Berliner Schulen und ihre Schüler*innen aufzeigte. Von der „Sahelzone Deutschlands mit Überflutungspotenzial“ über die Schwammstadt Berlin bis zu neuen Trinkwasserbrunnen an Schulen ging es in seiner Präsentation, die hier heruntergeladen werden kann. In der Regel besuchen Berliner Schüler*innen zweimal in ihrer Schullaufbahn die Wasserbetriebe und ihre Anlagen, insbesondere Kläranlagen um ein Verständnis für den Wasserkreislauf zu bekommen. In Hinblick auf zunehmende Dürren und Hitze in der Stadt ist ein schonender Umgang mit der Ressource Wasser immer wichtiger und muss gleichzeitig der Zugang zu sauberem Trinkwasser in Berlin Schulen durch beispielsweise Trinkbrunnen gewahrt bleiben.

Weiterhin danken wir Caroline Frey, Mitglied der Erweiterten Schulleitung der Schweizerhof Grundschule. Die Schule hat das neuartiges Konzept des FreiDays eingeführt, welches Schüler*innen die Möglichkeit gibt, an Klimaaktionstagen in zahlreichen Projekten zu Zukunftsfragen zu arbeiten.

Zu Guter Letzt bedanken wir uns beim Oberstufenzentrum Kraftfahrzeugtechnik für das freundliche zur Verfügung stellen der schuleigenen Räumlichkeiten für die Tagung.

Die jährlich stattfindende Fachtagung ist Teil des prämierten Projekts KlimaVisionen und wird vom Kompetenzzentrum Klimaneutrale Schulen des UfU im Auftrag der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt durchgeführt. Bei Fragen und für mehr Informationen können Sie sich an Daniel Buchholz (daniel.buchholz@ufu.de) wenden.

Es nahmen mehr als 90 Teilnehmende an der Fachtagung mit drei Impulsvorträgen und sieben Praxis-Workshops teil. Die Fachtagung ist als offizielle Fortbildung des Landes Berlin anerkannt.


Länderberichte zur Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Klimapolitik jetzt verfügbar

27. November 2023

Länderberichte zur Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Klimapolitik jetzt verfügbar

Gemeinsam mit lokalen Forschungsteams hat das Unabhängige Institut für Umweltfragen acht Länderstudien durchgeführt, um das Umfeld und die Bedingungen für die klimarelevante Beteiligung der Zivilgesellschaft zu untersuchen. Die ersten Berichte liegen nun vor.

Zu den Länderstudien

In diesem Jahr findet die UN-Klimakonferenz (UNFCCC COP 28) vom 30. November bis 12. Dezember 2023 in Dubai statt. Das Jahr 2023 ist das Jahr der ersten globalen Bestandsaufnahme, die sich auf die Bewertung der Gesamtfortschritte der Vertragsparteien des Pariser Abkommens bei der Bewältigung der Klimakrise und der Begrenzung der globalen Erwärmung auf „deutlich unter 2°C über dem vorindustriellen Niveau und die Fortsetzung der Bemühungen um die Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 1,5°C über dem vorindustriellen Niveau“ konzentriert.

Zwischen der dringenden Notwendigkeit, die Emissionen drastisch zu reduzieren, und der derzeitigen Umsetzung klafft eine große Lücke. Die gegenwärtige Politik führt dazu, dass die globale Temperatur bis zum Ende dieses Jahrhunderts voraussichtlich um 2,8°C ansteigen wird. Selbst bei vollständiger Umsetzung der bestehenden Zusagen wird mit einem Temperaturanstieg von 2,4 bis 2,6 °C gerechnet. Klimawissenschaftler sind sich einig, dass bei einer Erwärmung von mehr als 2°C die Wahrscheinlichkeit des Erreichens von Kipppunkten immer größer wird, was zu unumkehrbaren und beschleunigten Veränderungen im Klimasystem führen würde. Die Auswirkungen der Klimakrise verschärfen sich weiter, und zwar schneller und stärker als erwartet, wobei die am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen insbesondere in den Ländern des globalen Südens unverhältnismäßig stark betroffen sind. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Lücken und die Umsetzung der aktuellen Politik umfassend angegangen werden, um das Wohlergehen aller Menschen und des Planeten zu sichern. Im Rahmen des Pariser Abkommens sind die Nationalen Klimabeiträge (NDCs) ein wichtiges Instrument, um den Klimaschutz zu verstärken. Bei der Erarbeitung und Überprüfung der NDCs ist die Einbindung zivilgesellschaftlicher Akteure rechtlich bindend und von entscheidender Bedeutung, da sie als Wächter und Fürsprecher für einen fairen sozial-ökologischen Wandel die lokalen Gegebenheiten und Bedürfnisse der Zivilgesellschaft kennen.

Gemeinsam mit lokalen Forschungsteams hat das Unabhängige Institut für Umweltfragen zwischen Herbst 2022 und Frühjahr 2023 acht Länderstudien durchgeführt, um das Umfeld und die Bedingungen für klimabezogene Partizipation, wie den rechtlichen Rahmen für Partizipation, sowie konkrete Praktiken der partizipativen Politikgestaltung in Georgien, der Republik Moldau, Kasachstan, der Ukraine, Kolumbien, Argentinien, Chile und Costa Rica zu untersuchen. Die Analyse untersucht, wie die nationale Zivilgesellschaft in politische Prozesse im Zusammenhang mit der Klimapolitik, einschließlich der Prozesse im Rahmen des Pariser Abkommens, eingebunden wird. Der Schwerpunkt liegt dabei auf organisierten Gruppen und nicht auf Einzelpersonen oder der breiten Öffentlichkeit. Sind zivilgesellschaftliche Organisationen an der Entwicklung von klimarelevanten nationalen Plänen, Strategien und anderen Dokumenten beteiligt? Gibt es gute Beispiele oder gute Ansätze für eine Beteiligung, die es zivilgesellschaftlichen Akteuren ermöglichen, nationale politische Prozesse wirksam zu beeinflussen und die Ambitionen in Klimafragen zu erhöhen? Die Studien zeigen auch konkrete länderspezifische Hindernisse auf, die eine sinnvolle, wirksame und langfristige Beteiligung behindern, und geben Ratschläge zur Überwindung dieser Hindernisse.

Zu den Länderstudien

Umweltbeteiligung in Zagreb funktioniert jetzt über eine App!

24. November 2023

Umweltbeteiligung in Zagreb funktioniert jetzt über eine App!

UfU Projekt launcht erfolgreich eine App zur Umweltbeteiligung in Zagreb!

Möchte man in der Bevölkerung die Sensibilität für den Umweltschutz in der eigenen Heimat steigern, ist Beteiligung ein gutes Mittel. Wer Beispielsweise Müll, illegal gefällte Bäume oder andere Umweltschäden in seinem Kiez, seiner Umgebung oder im Naherholungsgebiet entdeckt, ärgert sich meistens darüber, findet aber wenig Möglichkeiten, dagegen vorzugehen. Wird Menschen aber eine einfache Möglichkeit gegeben, diese Umweltschäden zum Zweck ihrer Beseitigung zu melden, steigt nicht nur die Sensibilität für das Entdecken solcher Schäden, sondern auch der emotionale Wert der eigenen Umgebung.

In Zagreb, Kroatien hat das UfU gemeinsam mit der kroatischen Umweltorganisation Zelena Akcija eine App entwickelt, die das Melden von Umweltschäden für die Zivilbevölkerung ermöglicht. Seit 1997 gibt es dafür in Kroatien bereits eine Telefonhotline, das sogenannte grüne Telefon. Die neue App „Schlaues grünes Telefon“ soll diesen Service vereinfachen und vor allem auch junges Publikum für das Mitwirken am Umweltschutz begeistern. Mithilfe der App können ganz einfach Fotos der Umweltschäden mit Standortinformationen versendet werden. Die so erfassten Informationen können leicht an die zuständigen Behörden verteilt werden und erleichtern auch den Behörden die Beseitigung der Umweltschäden.

Damit die App von der Bevölkerung auch genutzt wird, wurden zahlreiche Partizipationsprozesse, inkl. Befragungen nach Nutzung und Verbesserungspotenzial des aktuellen/telefonischen Services, einem virtuellen Study Visit zu guten bzw. ähnlichen digitalen Beteiligungs-Instrumenten aus Deutschland und Kroatien, in die Entwicklung integriert. Aktuell bezieht sich die App „nur“ auf Zagreb, soll in Zukunft aber auf ganz Kroatien ausgeweitet werden.

Das Projekt ist ein Beispiel, wie mit Hilfe digitaler Möglichkeiten die Zusammenarbeit zwischen Zivilbevölkerung und Behörden nachhaltig verbessert werden kann, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. In den kroatischen Medien stieß die App auf sehr viel positive Resonanz. Überschriften wie „Laden Sie die neue App „Smart Green Phone“ herunter und melden Sie Umweltprobleme“ oder die Bezeichnungen als „eine revolutionäre Lösung“ rufen zur direkten Anwendung der App auf.

Partizipation ist eines der Kernforschungsgebiete des UfU. Digitale Beteiligung von Bürger*innen mit Hilfe solcher Apps sind auch eine Chance, dass Vertrauen in die Demokratie und Gesellschaft zu stärken. Dieses Beispiel sollte auf andere Länder in der EU und andere Bereiche erweitert werden.

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Die Beteiligung in der Endlagersuche grenzüberschreitend fair, rechtssicher und responsiv gestalten. Forschungsbericht erschienen

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22. November 2023

Die Beteiligung in der Endlagersuche grenzüberschreitend fair, rechtssicher und responsiv gestalten.

Forschungsbericht erschienen

Durch Deutschlands Lage mitten in Europa werden für ein tiefengeologisches Endlager für radioaktiven Abfall auch Standorte geprüft, die in der Nähe von Staatsgrenzen liegen. Diese Endlager wirken über ihren unmittelbaren Standort und damit auch über Grenzen hinweg. Deswegen muss auch die ausländische Öffentlichkeit bei der Standortauswahl einbezogen werden, dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der unterschiedlichen rechtlichen und sozio-kulturellen Kontexte in den verschiedenen Nachbarstaaten. Folglich ist der partizipative, wissenschaftsbasierte und lernende Ansatz des Standortauswahlverfahrens auch für die ausländische Öffentlichkeit sicherzustellen. Das ergab eine aktuelle Studie des Unabhängigen Instituts für Umweltfragen und des Öko-Instituts im Auftrag des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung.

Das Projekt untersuchte die rechtlichen, politischen und kulturellen Bedingungen, die für die grenzüberschreitende Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen des Standortauswahlverfahrens eines Endlagers für hochradioaktive Abfälle in Deutschland für die Nachbarstaaten von Bedeutung sind.

Das Vorhaben umfasste einen systematischen Literaturreview juristischer und sozialwissenschaftlicher Literatur, eine Medienresonanzanalyse in den Nachbarstaaten in Bezug auf die Berichterstattung zu relevanten Themen der Endlagersuche, Fallstudien über vorangegangene Verfahren grenzüberschreitender Beteiligungsverfahren sowie Regionalstudien zu fünf ausgewählten Grenzregionen. Auf Grundlage dieser Forschungsschritte wurden Empfehlungen für die Ausgestaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Formate im Standortauswahlverfahren entwickelt. Das Vorhaben trug auch dazu bei Forschungsfelder zu erschließen, die bisher noch wenig untersucht wurden. So liefern die Forschungsarbeiten Beiträge zum Beispiel zur juristischen Analyse der rechtlichen Anforderungen an grenzüberschreitende Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen der Standortsuche und eine vergleichende Darstellung der Erfahrungen der verschiedenen Nachbarstaaten in Hinblick auf Öffentlichkeitsbeteiligung und grenzüberschreitender Zusammenarbeit.

Das Projekt wurde durch Mittel des Ressortforschungsplan Umwelt des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) finanziert.

Ansprechpartnerinnen:

Franziska Sperfeld (Unabhängiges Institut für Umweltfragen)

Silvia Schütte (Öko-Institut)

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Studienbesuche für grenzüberschreitenden Austausch und mehr Klimaschutzaktionen

Lehrkräfte und Vertreter*innen von Städteverwaltungen aus Polen, Slowenien und Bulgarien sind zu Besuch in Berlin, um neue Klimaschutzaktionen an ihren Schulen zu planen und Erfahrungen auszutauschen. So sollen vermehrt Maßnahmen insbesondere durch die Teilhabe von Schüler*innen ergriffen werden.

Aus insgesamt 6 Kommunen und drei Ländern sind Lehrkräfte und Vertreter*innen von Schulen in Berlin zu Besuch. Die Delegation welche sich in Berlin untereinander vernetzt und zahlreiche Beispiele von Klimaschutzaktionen besucht, ist Teil des Projekts „Visions 2045 – Schulen als Impulsgeber für Klimaneutralität in Städten„.

Schulen sind in Kommunen große Energieverbraucher und verursachen hohe CO2-Emissionen. Als Orte, an denen zukünftige Generationen lernen, spielen Schulen aber eine besondere Rolle, wenn es um das frühe Erlernen und die Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen geht. Lernen Menschen schon in jungen Jahren, wie wichtig umweltschonendes Handeln ist, steigert das die Sensibilisierung für das Thema. Eine wichtige Rolle hierbei spielt allerdings die Selbstwirksamkeit. Das Lernen von der Klimakrise kann schnell lähmend wirken, wenn Menschen keine Handlungsmöglichkeiten geboten werden. Im Projekt  werden deswegen die verschiedenen Schulen miteinander vernetzt, um Synergien zu schaffen und voneinander zu lernen.

Dazu fordert das UfU mehr finanzielle Mittel und Unterstützung für Schulen. Denn die Anpassung an den Klimawandel und bestmöglich die Eindämmung der Erderhitzung muss an Schulen gefördert werden. Im Projekt werden gezielt Projekte zur Einsparung von Treibhausgasemissionen an Schulen geplant und durchgeführt. Wir wollen den Klimaschutz an Schulen in den Partnerländern und hier vor Ort vorantreiben und strukturell im Schulalltag verankern.

Die Klimaschutzmaßnahmen bauen auf Ideen der Schulgemeinschaft auf, weshalb deren Teilhabe im Mittelpunkt steht. Das bedeutet, dass Schüler*innen, Lehrkräfte, die Schul- und Gebäudeverwaltung, Eltern und eben auch Vertreter*innen der Stadtverwaltung zusammenkommen und gemeinsam eine schulinterne Vision zur klimaneutralen Schule mit konkreten Maßnahmen auf dem Weg dahin entwickeln. Das Konzept wird im Berliner Projekt KlimaVisionen genutzt und nun während der Studienbesuche vermittelt und mit den Erfahrungen der Teilnehmenden ausgeweitet.

Die etwa 50 Lehrkräfte aus Polen, Slowenien und Bulgarien besprechen Methoden und Konzepte, wie etwa die Visionswerkstatt mit Lehrkräften und Organisationen hier in Berlin und passen diese auf ihren jeweiligen eigenen Kontext an. So erleben sie zudem das Frei Day Konzept an der Schweizerhof Grundschule, in dem Schüler*innen selbstständig Projekte planen und umsetzen und damit problembasiertes, ganzheitliches Lernen erfahren. Sie werden von Spielideen zur Lebensmittelwertschätzung von Restlos Glücklich inspiriert und lernen mehr über das Potential von vegetarischer Schulspeisung und klima- und energieeffiziente Küchen durch Malte Schmidthals vom IZT. Die Peter-Lenné-Schule zeigt, wie sie wirkungsvolle Maßnahmen zu Wasserkreislauf und Begrünung gegenüber der Bezirksverwaltung durchsetzen konnte und Kiezwald e.V. regt zu Mini-Wäldern an Schulen und deren Nachbarschaften an.

Die Studienbesuche und der damit verbundene Austausch unterstützen die Vernetzung der Schulen aus den verschiedenen Ländern untereinander. Das ist sehr wertvoll, denn Klimaschutz passiert nicht einfach so, er lebt vom Miteinander und dem gemeinsamen Handeln. In den nächsten Wochen werden Visionswerkstätte an den Partnerschulen durchgeführt und im nächsten Jahr können wir dann von den Aktionen der Schüler*innen berichten.