Zugänglichere und ansprechendere Beteiligung durch Digitalisierung

Wie können die etablierten Beteiligungsformate in den digitalen Raum übertragen werden? Was muss bei der Umsetzung von digitalen Formaten beachtet werden? Und wie lassen sich die neuen Möglichkeiten nutzen, ohne dass die Qualität der Beteiligung darunter leidet?

In dem Projekt E-Partizipation Umwelt, gefördert durch das UBA und BMUV, wurde ein Praxisleitfaden entworfen, der Behörden Orientierung wie auch konkrete Hilfestellungen bei der Organisation digitaler Beteiligungsformate liefert. Durch die Realisierung des Leitfadens als Webseite „Digitale Beteiligung souverän gestalten“ konnte ein interaktives Format geschaffen werden, welches u.a. Auskunft über juristische Hintergrundinformationen sowie praktische Hinweise zur Planung und Durchführung digitaler Erörterungstermine als Videokonferenzen gibt. Der Praxisleitfaden ist seit Neuestem online zugänglich!

Bereits die gut besuchte Abschlussveranstaltung des Projekts am 22. Februar 2024 machte deutlich, dass das Thema digitale Beteiligung auf reges Interesse stößt, insbesondere auch bei der Zielgruppe der Verwaltung. Wie eine Abfrage zu Beginn der Online-Veranstaltung zeigte, verfügt der Großteil der Teilnehmenden bislang noch über keine Erfahrungen mit digitalen Erörterungsterminen, woraus sich ein direkter Bedarf nach Wissenstransfer sowie Erfahrungsaustausch ableiten lässt. Der erarbeitete Praxisleitfaden setzt an dieser Stelle an, und liefert eine Grundlage, auf der in Zukunft gezielt aufgebaut werden kann.

Die Entwicklung der Digitalisierung von Beteiligung

Die Digitalisierung der Beteiligung entwickelt sich seit Jahren stetig weiter und nimmt dabei verschiedenste Formen an: Von der Online-Einsicht in Antragsunterlagen bis hin zur Einreichung von Ideen über Beteiligungsplattformen. In Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und die damit einhergehenden Kontaktbeschränkungen verzeichnete die Öffentlichkeitsbeteiligung, wie viele andere Bereiche auch, einen starken Digitalisierungsimpuls. Vor allem durch das Planungssicherstellungsgesetz (PlanSiG) aus dem Jahr 2020 wurde die Durchführung digitaler Beteiligungsformate in Planungs- und Genehmigungsverfahren in Deutschland vorangetrieben und gesetzlich verankert. So konnten Erörterungstermine fortan durch sogenannte Online-Konsultationen, d.h. digitale schriftliche Verfahren, oder Video- und Telefonkonferenzen ersetzt werden. Diese Regelungen wurden nun Großteils verstetigt und gesetzlich weiter verankert. Digitalen Erörterungsterminen in Form von Videokonferenzen wird von vielen Beteiligten, im Vergleich zu einem schriftlichen digitalen Verfahren, ein größerer Mehrwert zugeschrieben. Aufgrund des dialogischen Formates von Videokonferenzen kann ein direkterer Austausch erfolgen, offene Fragen schnell geklärt und Missverständnisse ausgeräumt werden.

Worin liegt der Mehrwert digitaler Beteiligungsformate?

Digitale Beteiligungsformate bieten die Möglichkeit Beteiligungshürden abzubauen und Teilen der Bevölkerung, insbesondere auch weniger beteiligungs-affinen Menschen, die Teilnahme zu erleichtern. Durch die Ortsunabhängigkeit der Veranstaltung und des damit verbundenen Wegfalls der Anfahrtszeiten können Menschen derartige Beteiligungsveranstaltungen leichter in ihren Alltag integrieren. Das kommt insbesondere Personen zugute, deren Zeitkapazitäten stark begrenzt sind, wie jene mit einer hohen Arbeits- bzw. Sorgearbeitsbelastung. Zudem können digitale Formate vor allem für jüngere Generationen attraktiver und leichter zugänglich erscheinen. Auch bei Personen, die über wenig Beteiligungserfahrung verfügen, kann die digitale Teilnahme eine geringere Hürde darstellen als Präsenzveranstaltungen, die i.d.R. in einem formelleren Rahmen stattfinden. Auch können digitale Formate Personen die Teilnahme erleichtern, deren Mobilität eingeschränkt ist.

Dabei ist nicht zu vergessen, dass die Verlagerung von Beteiligungsformaten in den digitalen Raum auch neue Hürden, vor allem für wenig digital-affine Personengruppen, aufbaut. Unsicherheiten mit der Technik, fehlende Ausstattung oder unzureichende Internetverbindung sind Aspekte, die die Teilnahme stark erschweren kann. Lösungen, die in der Praxis bereits Anwendung finden, sind u.a. leicht verständliche und bebilderte Anleitungen der nötigen Software, eine telefonisch erreichbare Ansprechperson bei Fragen und technischen Problemen oder auch die Zurverfügungstellung von Internetfähigen Endgeräten durch die Organisator*innen. Generell sollte stets ein besonderes Augenmerk auf die potenziellen Barrieren der digitalen Öffentlichkeitsbeteiligung gelegt werden und wie diesen entgegen zu wirken ist.

Neben den Fragen der Zugänglichkeit von digitalen Formaten, wirkt sich die Digitalisierung auch auf die Organisation von Beteiligung aus. Bei der digitalen Öffentlichkeitsbeteiligung entfallen einige organisatorische Aufgaben und Kosten. Dazu gehört etwa die Raumsuche und -miete für analoge Veranstaltungen sowie Anfahrtszeiten. Hierin steckt Potenzial für effizientere Abläufe. Der anfängliche Mehraufwand, d.h. der Zeit- und Organisationsaufwand, der mit neuen Abläufen, Aufgaben und Verantwortlichkeiten einhergeht, kann über die Zeit gesenkt werden. Selbiges trifft auch auf Anschaffungskosten zu, bspw. technischer Ausstattung, die sich über die Zeit amortisieren. Was digitale Beteiligung wohl nicht leisten wird, ist zu einer umfangreichen Beschleunigung von Verfahren beizutragen. Die Stellschrauben dazu liegen an anderen Stellen.

Letztendlich birgt die Digitalisierung der Öffentlichkeitsbeteiligung viel Potenzial. Inwiefern das Versprechen der Digitalisierung von effizienten, niedrigschwelligen und schnellen Prozessen wirklich erfüllt werden kann, sollte bei der Planung und Durchführung von digitalen Formaten jeweils fallspezifisch bewertet werden. Digitale Beteiligungsformate führen nicht automatisch zu besseren Verfahren. Der Einsatz und die Etablierung dieser sollte gezielt erfolgen, um die Vorteile für die Beteiligten zu nutzen und den Prozess gleichzeitig anschlussfähig zu gestalten.