UfU Informationen | Ausgabe 6 – Oktober 2022 | Jonas Rüffer

Krieg in der Ukraine

Der Donbas am Rande einer ökologischen Katastrophe

Die Zerstörung von Wäldern, Gewässern und landwirtschaftlichen Nutzflächen sind nur einige der potentiellen Risiken des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Ersten Berichten zufolge wurden bereits ca. 487 Verbrechen Russlands gegen die ukrainische Umwelt erfasst (Stand 07. September 2022). Der folgende Bericht ist der Versuch, die ersten Umweltschäden des Krieges in der Ukraine einzuordnen.

Es gilt zu bedenken, dass die Informationen dieser Berichterstattung zum großen Teil auf Forschungsarbeiten kleinerer NGOs und einiger weniger Studien beruhen. Selbst die zitierten großen Studien der OSCE und des Centre for Human Dialogue betonen die schwierige Datenlage über die Vorgänge in der Ukraine.

Zwar gibt es wissenschaftliche Erhebungen über Umweltauswirkungen des bewaffneten Konflikts seit 2014, diese enden aber zumeist mit dem Einmarsch Russlands in das ukrainische Territorium im Februar 2022. Besonders in den Separatistengebieten und inzwischen von Russland kontrolliertem Terrain sind unabhängige wissenschaftliche Erhebungen aktuell nicht mehr möglich, geschweige denn eine freie Berichterstattung. Die Daten und Informationen in diesem Artikel müssen also zwangsläufig auch immer vor dem Hintergrund des Krieges betrachtet werden und können unter den genannten Umständen von der Realität abweichen.

Karte der in der Ukraine gezählten Umweltverbrechen

Karte bereitgestellt von Ecoaction

Größte Risiken des russischen Angriffskrieges auf die Umwelt in der Ukraine

  1. Strahlenbelastung durch Beschuss von Kernkraftwerken
  2. Zerstörung von landwirtschaftlichen Flächen und Wäldern
  3. Kontamination, Verschmutzung und Zerstörung der Böden, Gewässer und des Trinkwassers durch gefährliche Stoffe
  4. Vernichtung von Naturschutzgebieten

Zu unseren Informationsgebern gehören auch befreundete Umweltverbände in der Ukraine, mit denen wir in der Vergangenheit zusammengearbeitet haben oder dies immer noch tun. Eine dieser Umweltverbände ist der Black Sea Women‘s Club. Gemeinsam mit dieser Organisation arbeitete das UfU im Nordwesten der Ukraine, in der Region Ternopil und in der Region Odessa am Rand des Schwarzen Meeres an einem Wassermanagementprojekt. Der Black Sea Women‘s Club war dabei einer unserer Projektpartner. Im Juli besuchte uns Liliya Grychulevych, eine Vertreterin der NGO, in unserem Büro in Berlin, um uns über die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges auf die ukrainische Umwelt zu berichten. Wir möchten uns an dieser Stelle ganz herzlich bei Frau Grychulevych und dem Black Sea Women‘s Club für die gemeinsame Arbeit in unseren Projekten und die Informationen bedanken, die wir in diesen Artikel miteinfließen lassen durften.

Eine weitere NGO mit der wir seit 2018 zusammenarbeiten, ist die Organisation Ecoaction. Gemeinsam mit Ecoaction führen wir ein Projekt zur Stärkung der Zivilgesellschaft bei der Umsetzung der nationalen Klimapolitik in der Ukraine durch. Auch bei Ecoaction möchten wir uns an dieser Stelle ganz herzlich für die gemeinsamen Projekte und die Informationen aus der Ukraine bedanken. Beide Organisationen rufen dazu auf, Maßnahmen zur Wiederherstellung und Erhaltung der Ökosysteme in zukünftige Wiederaufbaupläne zu integrieren und jetzt schon an die Wiederherstellung der Naturschutzgebiete und Naturschutzprojekte in der Ukraine zu denken. Denn viele Projekte sind inzwischen zum Erliegen gekommen. Zum großen Nachteil der ukrainischen Natur. Anhand der Erfahrungen vergangener Konflikte, das wurde auch in unserem Artikel über Vietnam deutlich, tendieren wir dazu, nach einem Krieg der Wiederherstellung von Infrastruktur und einer funktionierenden Wirtschaft oberste Priorität einzuräumen. Die Organisationen mahnen dazu an, dass dabei der Umweltschutz und die Klimaziele nicht vernachlässigt werden dürfen.

Da es unmöglich ist in dieser Ausgabe alle Schäden an der ukrainischen Umwelt zu schildern, konzentrieren wir uns auf eine spezielle Region: Den Donbas.

Umweltkatastrophen in der Bergbauregion Donbas

Ein besonderer Schmerzpunkt des Krieges in der Ukraine ist die Donbas-Region, welche sich sowohl auf offiziell ukrainischem Staatsgebiet, als auch auf russischem Staatsgebiet befindet. Seit 2014 ist der Donbas einer der Hauptschauplätze des Konfliktes. Die Oblaste (Bezeichnung für Verwaltungsgebiete in der Ukraine und anderen ehemaligen Staaten der Sowjetunion) der Donbas-Region auf ukrainischer Seite sind Luhansk, Donezk und Sitscheslaw. Der Donbas ist die zentrale Bergbauregion der Ukraine. Hier wurden seit über 200 Jahren schätzungsweise 15 Milliarden Tonnen1 Kohle abgebaut. Über 220 Kohleminen liegen in der Region, 97 davon waren bis 2021 noch in Betrieb, wovon seit 2014 insgesamt 75 Minen in Separatistengebieten liegen.1 Verbunden mit dem Bergbau hat sich im Donbas viel Industrie, vor allem Schwerindustrie, angesiedelt: Vor dem Konflikt waren hier über 4500 Unternehmen angesiedelt, die mit für die Umwelt potentiell gefährlichen Stoffen arbeiten.3 Verschiedene Studien deuten darauf hin, dass diese hochindustrialisierte Region auf eine ökologische Katastrophe hinsteuert.

Gründe für diese ökologische Katastrophe gibt es einige. Die Hauptgefahr für Umweltkatastrophen bergen die zahlreichen Bergwerke in der Region. Zum einen scheint es eine mangelnde Investitionsbereitschaft der Separatisten und der russischen Besatzer in die Instandhaltung der bereits stillgelegten Bergwerke zu geben. Ein Weiterbetrieb der bis zum Kriegsausbruch aktiven Minen ist auch aufgrund der immensen Kosten, dem nicht mehr vorhanden Markt für Kohle aus Russland und den besetzten Gebieten, sowie dem schlichten Fehlen von Ersatzteilen und Material nicht mehr lohnenswert. Zum anderen ist die gesamte Region durch den Konflikt von immer wiederkehrenden Stromausfällen betroffen, die sich auch auf die Aktivität in den Minen auswirken. Beide Seiten (Ukrainische Arme & Vertreter der Separatisten) werfen sich gegenseitig vor, die Minen immer wieder zu bombardieren und zum Schauplatz von Kampfhandlungen zu machen. Dadurch kommt es vermehrt zu Situationen, in welchen Bergleute unter Tage gefangen waren oder Bergwerke evakuiert werden mussten. Minen wurden aufgrund von Kampfhandlungen plötzlich und abrupt geschlossen, verschiedenen Berichten zufolge in Separatistengebieten sogar in Einzelteile zerlegt und nach Russland gebracht.4 Die fehlende Wartung der stillgelegten, plötzlich geschlossenen und auch noch aktiven Minen hat katastrophale Folgen für die Umwelt.

Die Instandhaltung geschlossener und stillgelegter Bergwerke

Stillgelegte Minen sind nicht, wie das Wort „stillgelegt“ es vermuten lässt, verlassen, ruhig oder aufwandsarm. Das Gegenteil ist der Fall. Wird eine Mine geschlossen oder langfristig stillgelegt, verursacht sie einen immens hohen Instandhaltungs- und Wartungsaufwand. Hauptaufgabe der Instandhaltung sind Wasserhalten, Ventilation und Stabilisierung.

Wasserhalten

Regenwasser, Grundwasser und Zuflüsse lassen den Wasserstand in den Stollen eines Bergwerkes kontinuierlich steigen, wenn das Wasser nicht regelmäßig abgepumpt wird. Damit einher gehen mehrere Probleme: Lässt man das Wasser ansteigen, kann es zu sogenannten Tagesbrüchen kommen, also dem plötzlichen Einsinken der Erdschichten. Denn die Mine verliert durch das ansteigende Wasser an Stabilität. Ein Hauptproblem ist jedoch eine dauerhafte Kontamination des Trinkwassers. Steigt das Wasser in den Gruben, vermischt es sich mit den Altlasten des Bergbaus. Saure Mineralien, Schwermetalle, Uran, Eisen, Fette und Öle kontaminieren das Wasser. Ab einer gewissen Grenze droht das Grubenwasser in den Grundwasserkreislauf und an die Oberfläche zu dringen und damit wichtige Trinkwasserquellen zu kontaminieren.

Ventilation

In Gruben, besonders beim Steinkohleabbau, werden Gase freigesetzt, besonders Methangas. Diese Gase sammeln sich in der Grube und drohen bei nicht vorhandener Ventilation unkontrolliert an die Oberfläche zu dringen. Methangas ist hochexplosiv. Es gibt bereits Berichte aus der Donbas-Region, dass sich Methan in der Nähe von Bergwerken in Kellern oder unteren Stockwerken von Gebäuden sammelt. Auch unterirdische Explosionen durch Austreten von Gasen oder sogar Erdbeben sind möglich.5

Stabilisierung/Instandhaltung

Die Stollen eines stillgelegten Bergwerkes müssen regelmäßig gewartet und auf Bewegung und Veränderung analysiert werden. Alte Stollen müssen ausgebessert werden, damit es nicht zu Erdrutschen und Tagesbrüchen kommt.

Um diese möglichen negativen Folgen für die Umwelt zu verhindern, ist das Wasserhalten, die Ventilation und das Instandhalten der Stollen essentiell. Da diese Instandhaltung nicht nur kostenintensiv und aufwendig, sondern auch zeitlich unbegrenzt ist, spricht man von sogenannten Ewigkeitskosten. Um eine Vorstellung der Größenordnung zu bekommen: Alleine aus den zwei aktiven Minen der Toretskvuhillia Gruppe im Oblast Donezk wurden zuletzt jährlich 4 Millionen Kubikmeter6 Wasser gepumpt. Inzwischen gibt es einige Indizien, dass diese Instandhaltung in zahlreichen Minen im russisch besetzten Gebiet unterbrochen oder komplett gestoppt wurde.

Auch in Deutschland kam es schon zu Tagesbrüchen, beispielsweise 2004 am Siegener Rostberg oder 2008 im Breisgau. 2017 kam es in NRW zu 104 Tagesbrüchen. Teilweise werden die Schächte mit einem Betongemisch gefüllt, um sie vor dem Einstürzen zu bewahren.

Unkontrolliertes Fluten von Minen bzw. das Ausbleiben der Wasserhaltung

Beispiel – Zolote Mine

Die Pervomaiskvuhillia (Pervomaiska Gruppe) ist eine Gruppe von Minen in der Oblast Luhansk. Die einzelnen Minen haben angrenzende unterirdische Verwerfungen. Im Mai 2018 kam es zu einer Überflutung der Zolote Mine, die zu diesem Zeitpunkt in ukrainisch kontrolliertem Territorium lag. Wasser ist durch Risse im Felsen der angrenzenden Minen getreten und brach schließlich durch. 2000 Kubikmeter Wasser strömten pro Stunde aus den vorgelagerten Minen Rodina und Holubovska in die Zolote Mine. Die vorgelagerten Minen liegen im Gebiet der Separatisten. Der Wasserfluss in die Zolote Mine war so hoch, dass die Wiederaufbereitungsanlage in Zolote die Wassermengen nicht verarbeiten konnte und  das kontaminierte Wasser ungefiltert in den Fluss Komyshuvakha geleitet wurde.7

Genaue Daten über den aktuellen Zustand der Mine sind nicht vorhanden, die letzte Studie aus 2021 zeigt aber ein erhöhtes Aufkommen an eintretendem Wasser in die Zolote Mine. Sollte das Wasserhalten in der vorgelagerten Pervomaisk Mine und Holubusk Mine komplett und dauerhaft stoppen, würde das schwer kontaminierte Wasser in absehbarer Zeit an die Oberfläche treten, ca. 6.000 Hektar Land überfluten und damit die Orte Kirovsk, Pervomaisk, Zolote, Hirske, und Karbonit (ca. 80.000 Einwohner) mit starker Staunässe bedrohen.8

Eine Studie aus dem Jahr 2021 untersuchte den Fluss Komyshuvakha, in welchen das Wasser aus der Zolote Mine eingeleitet wurde und vielleicht auch noch wird. Der Fluss weist erhöhte Chlor-Werte und vielfach erhöhte Sulfat-Werte auf.9 Der auch farblich stark verfärbte Fluss fließt, wie die meisten Flüsse der Region, in den Siwerskyj Donez Fluss und das Siwerskyj Donez Reservoir. Das Reservoir ist die Haupttrinkwasserquelle der gesamten Region. 70 Prozent der Einwohner von Donezk und 30 Prozent der Einwohner von Luhansk sind von diesem Reservoir abhängig. Das entspricht einer ungefähren Einwohnerzahl von etwa 300.000 Menschen.

Wasserfluss über verschiedene Minen in der Donbas-Region

Bezeichnung der Minen von links nach rechts: Hirska Mine, Raduha Mine, Karbonit Mine, Zolote Mine, Rodina Mine, Pervomaiska Mine, Holubivska Mine
Beispiel Yunkom Mine

Ein in der Donbas-Region einzigartiges Beispiel ist die Yunyi Komunar Mine (Yunkom Mine). In dieser Mine wurde 1979 (damals also noch Sowjetunion) experimentell eine nukleare Explosion mit dem Äquivalent von 200-300 Tonnen TNT10 durchgeführt. Die Mine gehört zu einer Gruppe von Minen, die miteinander verbunden sind. Das Experiment hatte das Ziel, die Mine zu sichern und die regelmäßigen Gasaustritte in der Mine zu unterbinden. Für die Explosion wurden verschiedene Sicherheitsmaßnahmen vorgenommen, um den Schacht und die Kammer der Explosion zu sichern. Aufgrund der radioaktiven Gefahr wurde die Mine besonders gesichert und galt bisher aufgrund ihrer Gesteinsschichten und den Sicherheitsmaßnahmen für die Sprengung als relativ stabil. Die Instandhaltung dieser Mine und besonders der Explosionskammer ist für die Region von größter Bedeutung.

Will man die Folgen abschätzen, die durch einen Kollaps oder die Flutung der Mine entstehen würden, kann man nur grobe Vermutungen anstellen. Das Experiment ist in der Welt bisher einzigartig in einer so dicht besiedelten Bergbauregion. Sollte die Mine jedoch geflutet werden, würde dies vor allem die Stabilität in der Explosionskammer gefährden, da diese einbrechen könnte. Dies könnte zur Folge haben, dass über 500 Kubikmeter hoch radioaktiv verseuchtes Wasser aus der Kammer in die umliegenden Böden in der Region austritt.11

Geologische Situation in der Yunkom Mine

Yevhenii Yakovliev, Sergiy Chumachenko (2017, Ecological Threats in Donbas, Ukraine – Assesment of the ecological hazards in Donbas impacted by the armed conflict in eastern Ukraine

Laut mehreren Berichten hat die Verwaltung der Separatisten 2018 beschlossen, die kostspielige Wartung der Mine einzustellen. Im Jahr 2020 wurde von dem Internationalen Human Rights Community festgestellt, dass bereits niedrigschwellig, radioaktives Wasser ins Grundwasser eingetreten ist. In einem Statement der ukrainischen Delegation in der UN-Vollversammlung im Februar 202212 folgt, dass Wasser bereits radioaktiv verseucht über die Flüsse Kalminus und den bereits oben genannten Siwerskyj Donez Fluss ins Asowsche Meer und letztlich ins Schwarze Meer gelangt.13 Es ist dringend erforderlich, dass internationale Experten und die internationale Atomenergiebehörde Zugang zu der Mine bekommen und diese Meldungen überprüft.

Bedeutung dieser Umweltschäden

Grundwasser in der Region

Was auf die Zolote und Yunkom Mine zutrifft, gilt auch für viele andere stillgelegte Bergwerke in der Region. Verschiedenen Berichten zufolge, gelten inzwischen mehr als 35 alte Minen als komplett geflutet.14

Aus dem oben genannten Problem der Minenflutungen entsteht eine akute Gefahr für das Grundwasser in der gesamten Region. Bodenproben bestätigen, dass die Kontamination bereits begonnen hat: Das Centre for Humanitarian Dialogue war 2016 in der Lage auf beiden Seiten der Konfliktlinie im Donbas Gewässerproben zu nehmen und zu analysieren. 35 Proben wurden auf der ukrainisch kontrollierten Seiten genommen, 26 Proben in von Separatisten kontrolliertem Territorium:

Ukrainisch kontrolliertes Territorium:

  • 100% der Proben von Oberflächengewässern waren kontaminiert.
  • 75% der Proben von unterirdischen Gewässern waren kontaminiert.

Von Separatisten kontrolliertes Territorium:

  • 85% der Proben von Oberflächengewässern waren kontaminiert.
  • 85% der Proben von unterirdischen Gewässern waren kontaminiert.

Gefunden wurden Chlor, Sulfate, Nitrate, Eisen, Mangan, Quecksilber, Arsen, Kupfer und Blei sowie verschiedene Hydrocarbonate.15

80-90 Prozent des Wassers in der Donbass-Region wird aus dem Siwerskyj Donez Fluss entnommen. Das entnommene Wasser ist ungeschütztes Oberflächenwasser, was aus einem System an Reservoiren, Kanälen und Rohren besteht. Seit dem Ausbrechen des Konflikts ist die Wasserqualität stark bedroht und die Entnahme wird immer wieder wegen zu starker Kontamination unterbunden.16

Absenkung des Bodens

Der State Service for Geology and Subsoil der Ukraine geht davon aus, dass durch den Konflikt in den Separatistengebieten inzwischen auf einer Fläche von mehr als 4.500 Quadratkilometer illegale Kohleminen entstanden sind. Diese Minen sind nicht, wie bei einer staatlich kontrollierten Mine, durch gewisse Infrastruktur und Kontrolle gesichert, sondern werden, auch durch Mangel an Gerät, in niedrigen Tiefen, also kurz unter der Oberfläche angelegt. Das Problem, was bereits vor dem Konflikt bestand, hat sich durch die Abkopplung der Separatistengebiete von der Ukraine noch verschärft. Wie auch die unkontrollierte Flutung von Minen, führen diese illegalen Bergbauaktivitäten kurz unter der Oberfläche zur Absenkung des Bodens im gesamten Donbas. Verschiedene Studien rechnen mit einer Fläche von ca. 12.000 Hektar Land, die vom Absinken bedroht sind. Nach Informationen aus dem Jahr 2018 sind Städte in der Region Kyivski um 53 Zentimeter, in der Region Kalininsky um 69 Zentimeter und in der Region um Petrovskyi um 92 Zentimeter abgesunken.17 Dieses unkontrollierte Absinken ist nicht nur einen Gefahr für Gebäude und Menschen, sondern auch für die Umwelt. Städtische Infrastruktur wie Gasleitungen, Abwasser und Frischwasser, aber auch die in dieser Region angesiedelten Industriegebäude werden dabei zerstört und kontaminieren den Boden und das Grundwasser.

Induzierte Erdbeben

Induzierte Erdbeben sind menschengemachte Erdbeben, die durch verschiedene Aktivitäten wie beispielsweise den Bergbau entstehen können. Wie diese Erdbeben entstehen ist ein komplizierter Vorgang und kann hier nicht weiter erläutert werden. Die Gefahr induzierter Erdbeben nimmt jedoch mit der fehlenden Instandhaltung und Wartung von Minen stark zu und ist gerade in der dicht besiedelten Region Donbas ein großes Risiko für Mensch und Umwelt.

Abschluss

Die in diesem Artikel beschriebenen Schäden an der ukrainischen Umwelt sind nur ein Teil des Gesamtausmaßes dieses Krieges. Wieviel Lebensraum an Flora und Fauna nachhaltig zerstört wurde, wie viele (bedrohte) Tierarten in ihrer Anzahl dezimiert wurden und wie viel Boden noch Jahrzehnte nach dem Krieg durch intensive Kampfhandlungen mit Munitionsresten und anderen Schadstoffen kontaminiert ist, wird sich erst nach dem Krieg zeigen.

Weitere Schäden

Wasserversorgung

Seit Beginn des Krieges hat Russland mehr als 3.000 Raketenangriffe gegen die Ukraine unternommen. Ziel dieser Angriffe sind neben Gas-, Öl-, und Amoniakleitungen auch infrastrukturelle Gebäude im Wasserversorgungssystem der Ukraine. In der Stadt Mariupol (ca. 400.000 Einwohner) ist die Frischwasserversorgung durch schwere Kämpfe und Bombardierungen zusammengebrochen. Angriffe auf Pumpanlagen und starke Beschädigungen der Rohre führen zu einem Vermischen von Frisch- und Abwasser. Brunnen und andere natürliche Trinkwasserquellen sind stark verseucht und können nicht mehr benutzt werden. Besonders im Sommer sind die mit Abwasser kontaminierten Brunnen eine Brutstätte für Infektionskrankheiten wie Cholera oder Ruhr.18

Zerstörte Chemikalienbecken

Russische Marschflugkörper beschädigten sechs Stauseen mit organischen Düngemitteln in der Oblast Ternopil, wodurch Chemikalien in die Umwelt gelangten. Die staatliche Umweltinspektion der Ukraine meldete eine gefährliche Ammoniakkonzentration im Fluss Ikwa, die 163-mal höher war als der sichere Höchstwert für diesen Stoff. In dem Fluss wurden ungewöhnlich viele tote Fische festgestellt und Menschen wurde wegen möglicher Vergiftungen verboten, Wasser aus Brunnen zu verwenden.19

Zerstörte Kläranlagen

In der Stadt Wasyliwka wurde eine Kläranlage beschossen. Durch die Zerstörung der Pumpanlage flossen die Abwässer ungefiltert in den Fluss Dnepr. Der Dnepr ist der drittlängste Fluss Europas und mündet ins Schwarze Meer.20

Beschossene Fabriken

Durch Beschuss von Fabriken im Donbas wurde bereits mehrmals der Austritt von Salpetersäure und Ammoniumnitrat in die Umwelt registriert.21 Beides sind für Mensch und Tier hochgiftige Stoffe.

Brände

Im Juli 2014 brach ein Feuer in der Lysychanskyi Öl Raffinerie aus, nachdem diese zuvor attackiert worden war. 50.000 Tonnen Ölschlamm, 20 Tonnen Benzin und ein Schwefeldepot entzündeten sich. Am 31. September 2020 brach in der Region Luhansk ein Feuer aus, das mehr als 20.000 Hektar Wald vernichtete.22

Delfine

Im Asowschen Meer & Schwarzen Meer stranden und verenden zahlreiche Delfine. Die Tiere kommunizieren mit verschiedenen Lauten. Aufgrund der hohen Dezibelpegel der Sonaranlagen der russischen Flotte verirren sich die Tiere.23

So kannst du unsere Partnerorganisationen unterstützen:

Quellenverzeichnis:

  1. Yevhenii Yakovliev, Sergiy Chumachenko (2017, Ecological Threats in Donbas, Ukraine – Assesment of the ecological hazards in Donbas impacted by the armed conflict in eastern Ukraine
  2. Truth Hounds, NED (2021): Donbas Evironment: Invisible Front – Environmental consequences of the war in the East of Ukraine in the context of international humanitarian law and in the practical dimension
  3. Nickolai Denisov, Dmytro Averin, OSCE (2017), Environmental assessment and recovery priorities for eastern Ukraine
  4. Truth Hounds, NED (2021): Donbas Evironment: Invisible Front – Environmental consequences of the war in the East of Ukraine in the context of international humanitarian law and in the practical dimension
  5. Rebecca Barh (2022), Umweltkatastrophe im Kriegsgebiet, Deutschlandfunk Kultur
  6. Truth Hounds, NED (2021): Donbas Evironment: Invisible Front – Environmental consequences of the war in the East of Ukraine in the context of international humanitarian law and in the practical dimension
  7. Truth Hounds, NED (2021): Donbas Evironment: Invisible Front – Environmental consequences of the war in the East of Ukraine in the context of international humanitarian law and in the practical dimension
  8. Nickolai Denisov, Dmytro Averin, OSCE (2017), Environmental assessment and recovery priorities for eastern Ukraine
  9. Truth Hounds, NED (2021): Donbas Evironment: Invisible Front – Environmental consequences of the war in the East of Ukraine in the context of international humanitarian law and in the practical dimension
  10. Yevhenii Yakovliev, Sergiy Chumachenko (2017, Ecological Threats in Donbas, Ukraine – Assesment of the ecological hazards in Donbas impacted by the armed conflict in eastern Ukraine
  11. Yevhenii Yakovliev, Sergiy Chumachenko (2017, Ecological Threats in Donbas, Ukraine – Assesment of the ecological hazards in Donbas impacted by the armed conflict in eastern Ukraine
  12. Statement by the delegation of Ukraine at the UN General Assembly debate on agenda item “Situation in the temporarily occupied territories of Ukraine” (23 February 2021)
  13. Guillaume Ptak, Deutsche Welle (2021), Umweltkatastrophe im Kriegsgebiet der Ukraine
  14. Truth Hounds, NED (2021): Donbas Evironment: Invisible Front – Environmental consequences of the war in the East of Ukraine in the context of international
  15. Yevhenii Yakovliev, Sergiy Chumachenko (2017, Ecological Threats in Donbas, Ukraine – Assesment of the ecological hazards in Donbas impacted by the armed conflict in eastern Ukraine
  16. Yevhenii Yakovliev, Sergiy Chumachenko (2017, Ecological Threats in Donbas, Ukraine – Assesment of the ecological hazards in Donbas impacted by the armed conflict in eastern Ukraine
  17. Truth Hounds, NED (2021): Donbas Evironment: Invisible Front – Environmental consequences of the war in the East of Ukraine in the context of international
  18. Tagesschau (2022), Kaum sauberes Wasser—Essen als Lohn
  19. Maryna Ratuschna, Ecoaction (2022), Krieg gegen die Natur: Die Umweltschäden der umfassenden Invasion Russlands in der Ukraine
  20. Maryna Ratuschna, Ecoaction (2022), Krieg gegen die Natur: Die Umweltschäden der umfassenden Invasion Russlands in der Ukraine
  21. Maryna Ratuschna, Ecoaction (2022), Krieg gegen die Natur: Die Umweltschäden der umfassenden Invasion Russlands in der Ukraine
  22. Truth Hounds, NED (2021): Donbas Evironment: Invisible Front – Environmental consequences of the war in the East of Ukraine in the context of international humanitarian law and in the practical dimension
  23. Truth Hounds, NED (2021): Donbas Evironment: Invisible Front – Environmental consequences of the war in the East of Ukraine in the context of international humanitarian law and in the practical dimension
  24. Black Sea Womens Club