UfU Informationen | Ausgabe 4 – Dezember 2021 | Fachgebiet Klimaschutz und Transformative Bildung, Umweltrecht & Partizipation

Mit FABIKLI gemeinsam hoch hinaus!

Fassadenbegrünung und Biomasseverwertung für Klimaschutz an Schulen

Gemeinsam mit der Technischen Universität Berlin (TUB) möchte das UfU in einem Pilotprojekt drei Berliner Schulen mit produktiven Fassadenbegrünungen ausstatten und mit interaktiven Workshops einen Beitrag zum Klimaschutz an Schulen leisten. Wie das Ganze funktioniert erklärt der folgende Artikel:

Potential der Biomassenutzung für den Klimaschutz

Rohstoffe wie Holz, Mais, Sonnenblumen, Gartenabfälle und Abfälle aus der Biotonne bezeichnen wir als Biomasse. Genauer die Masse der organischen Substanz dieser Rohstoffe. Wird diese Substanz zur Energiegewinnung, beispielsweise für Fernwärme oder Biogas genutzt, spricht man von Bioenergie.

Der Vorteil von Biomasse: Bei der energetischen Verwertung wird nur CO2 frei, welches zuvor beim Wachstum gespeichert wurde. Anders als bei fossilen Brennstoffen entsteht kein zusätzlicher CO2-Ausstoß. Die Klimabilanz von Biomasse ist also erstmal CO2-neutral. Jedoch benötigt die Produktion der Biomasse landwirtschaftliche Nutzflächen und steht damit in Konkurrenz zu anderen Nutzungen, wie der Nahrungsmittelproduktion oder dem Naturschutz. Weiterhin muss auch die Biomasse erstmal über die normalen Transportwege transportiert werden. Daher sind Produktions- und Verwertungsstandort essentiell für die CO2-Bilanz von Bioenergie. Es kommt also genau auf die Produktionsbedingungen an, um einen guten Beitrag zur nachhaltigen Energieversorgung zu leisten. Wenn nicht als Bioenergie, kann die Biomasse auch stofflich verwertet werden, beispielsweise als Bodenverbesserungsmittel oder als Hilfsstoff für die Kohlenstoffspeicherung im Boden. Das UfU arbeitet im neuen FaBiKli-Projekt gemeinsam mit der TUB an einer positiven Nutzung von innerstädtisch produzierter Biomasse.

Die Idee: Produktive Fassaden

Biomasse muss grundsätzlich nicht nur auf Feldern entstehen. Tatsächlich gibt es innerhalb von Städten unglaublich viele ungenutzte Flächen, für die es sonst keine Verwendung gibt. Die Rede ist von Häuserfassaden. Diese großen, oft fensterlosen vertikalen Flächen bilden beispielsweise in Berlin eine Gesamtgröße von 2.160 Hektar innerhalb des S-Bahn-Rings. Wenn es gelingen würde, diese vielen Flächen in Berlin zur Biomasseproduktion zu nutzen, hätte dies enorme Vorteile für die Stadt.

Alleine die theoretisch zur Verfügung stehende Fläche spricht für sich. Pflanzen wie Bohnen, Hopfen und Wilder Wein wachsen gerne in die Höhe, weshalb diese Häuserfassaden ideal wären. Die Transportwege zum Endverbraucher wären kurz und es bestünde keine Konkurrenz zu landwirtschaftlichen Nutzflächen.

Begrünte Fassaden tragen nachhaltig zu einem verbesserten Klima in der Stadt bei. Denn gerade in Innenstädten ist der Anteil an versiegelten Flächen hoch. Betonbauten und Mangel an Grünflächen führen gerade im Sommer zur Ausbildung urbaner Hitzeinseln und bedingen eine schlechte Luftqualität. Städtisches Grün hat einen positiven Effekt auf die Temperatur und die Luftqualität in der Stadt.

Auch energietechnisch bietet Fassadenbegrünung Vorteile. Innerhalb des Gebäudes werden bis zu 19 Prozent weniger Energie zur Kühlung durch Klimaanlagen im Sommer benötigt, da die Pflanzen das Gebäude beschatten.

Weitere Vorteile liegen auf der Hand: Die Stadt profitiert, von einem gesünderen Stadtbild und vermehrtem Schutzraum für Biodiversität. Fassadenbegrünung reduziert zudem die Lärmreflektion und hat eine beruhigende Wirkung auf die Psyche.

Die Technik

Für die Fassadenbegrünung hat die TUB eine spezielle Technik entwickelt. Die Pflanzen wachsen an speziellen abnehmbaren Rankhilfen die Fassade hinauf. Dadurch, dass die Rankhilfen von der eigentlichen Fassade getrennt sind, wird die Fassade nicht beschädigt. Die Pflanzen können von unten bedarfsgerecht versorgt, bewässert und ohne großen maschinellen oder personellen Aufwand geerntet werden, sodass keine Hebebühnen oder Leitern notwendig sind.

Das Projekt

Das Projekt ist ein Pilotprojekt vom UfU gemeinsam mit der TUB und in Zusammenarbeit mit dem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. An drei Schulen im Bezirk soll die Fassadenbegrünung umgesetzt werden und über einen Zeitraum von zwei Jahren begleitet werden. Geleitet wird das Projekt vom UfU. Dabei besteht das Projekt aus zwei Teilen. Die technische Umsetzung der Begrünung und Pflege, das wissenschaftliche Monitoring der Wachstumsbedingungen und die Evaluierung der Verwertungsszenarien übernimmt die TUB. Das UfU leitet die Wissenschaftskommunikation, und die pädagogische Begleitung des Projekts. Die Fassadenbegrünung eignet sich hervorragend, um damit verbundenen Themen wie Kreislaufwirtschaft durch Verwertung von Biomasse, mikroklimatische Effekte, lokal produzierte Nahrungsmittel und Biodiversität nahezubringen. Themen wie Flächenverbrauch, Konsumverhalten, Luftqualität und ähnliche können direkt mit der Fassadenbegrünung verbunden werden. Zusätzlich werden praktische Workshops zu Ernte und Verwertungsszenarien mit Bezug zu den Fächern Biologie, Physik, Chemie und Geographie angeboten. Durch die Fassadenbegrünung an der eigenen Schule werden diese Themen greifbarer.

Der innovative Projektansatz bringt Klimaschutzmaßnahmen und deren Sichtbarmachung sowie die Verknüpfung mit den regionalen Stakeholdern dahin, wo sie in der Gesellschaft derzeit am stärksten gefordert werden – zu Schüler*innen. Dabei werden bei der Vorbereitung und Durchführung, aber auch durch einen Aktionstag und Führungen Zielgruppen und Multiplikator*innen auf verschiedenen Ebenen angesprochen, die für die Verankerung, Übertragbarkeit und Verstetigung dieser Maßnahme wirksam werden.

Zukunftsaussichten

Sollte das Projekt gelingen könnte es als gutes Vorbild für Schulen und weitere öffentliche Gebäude in Berlin dienen. Die für diese Art der Biomasseproduktion potentiell zur Verfügung stehende Fläche ist enorm. Unsere Städte würden grüner, lebenswerter und gleichzeitig Produzenten von regional angebauter Biomasse.

Technische Zeichnung der Rankhilfen

Pflanzenversuche mit neuartigem Ranksystem im Freiraumlabor der TU Berlin