Bioenergie ohne Flächenkonflikte

Fabian Stolpe, stellvertretender Fachgebietsleiter für Umweltrecht & Partizipation im UfU besichtigt die Testflächen in Vietnam. UfU Mitarbeiter Fabian Stolpe auf Flächenbesichtigung in Vietnam.

27.01.2023

Bioenergie ohne Flächenkonflikte

Der Anbau von Maniok auf stillgelegten Bergbauflächen zur Produktion von Bioethanol leistet einen sinnvollen Beitrag zum Klimaschutz in Vietnam.

Seit Jahren steht die Produktion von Bioethanol in der Kritik, da sie mit der Lebensmittelindustrie um landwirtschaftliche Nutzflächen konkurriert. Doch unsere Projektstudie aus Vietnam zeigt, dass der Anbau von Maniok auf stillgelegten Bergbauflächen diesen Konflikt umgeht, da solche Flächen für die Nahrungsmittelproduktion ungeeignet sind. Die Verwendung des daraus resultierenden Bioethanols führt zu einer CO2 Einsparung von bis zu 50% im Vergleich zu konventionellen Kraftstoffen.

Der Energiebedarf Vietnams nimmt aufgrund des Wirtschaftswachstums und der Industrialisierung stetig zu. Dabei soll der Anteil von Erneuerbaren Energien von 3,7 Prozent in 2020 auf 10 Prozent im Jahr 2030 ansteigen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die vietnamesische Regierung die Beimischung von Bioethanol und die Rekultivierung von stillgelegten Bergbauflächen vorgeschrieben. Das UfU profitiert davon, da wir in unserem CPEP Projekt mit Bergbauunternehmen zusammenarbeiten, die Maniok zur Rekultivierung ihrer stillgelegten Bergbauflächen verwenden, um durch den Verkauf zusätzliche Gewinne zu erzielen.

Stillgelegte Bergbauflächen sind aufgrund vergangener Aktivitäten häufig durch Schwermetalle und andere Giftstoffe belastet und somit für die Produktion von Lebensmitteln ungeeignet. Daher steht der Anbau von Maniok nicht in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion und ist eine geeignete Rekultivierungsmaßnahme. Auf den Testflächen des UfU in Vietnam liegen die Maniok Erträge mit 25 Tonnen pro Hektar im guten Mittelfeld. Die nationalen Durchschnittserträge liegen zwischen 13 und 35 Tonnen. Allerdings konnten nur 2 Tonnen Ethanol pro Hektar produziert werden, 1,5 Tonnen weniger als im Durchschnitt. Dies deutet auf einen niedrigen Zuckergehalt hin, der auf die geringere Bodenqualität zurückzuführen ist.

Durch die Nutzung von Bioethanol aus Maniok, das auf stillgelegten Bergbauflächen angebaut wird, können im Vergleich zu konventionellen Kraftstoffen bis zu 50 Prozent CO2-Emissionen eingespart werden. Diese Einsparung ist auch im Vergleich zu konventionell erzeugtem Bioethanol deutlich höher. Zum Beispiel werden für die konventionelle Biokraftstofferzeugung häufig große Flächen an Regenwald gerodet, wodurch es zu immensen CO2-Emissionen kommt. Bei der Nutzung stillgelegter Bergbauflächen werden die negativen Auswirkungen von Landnutzungsänderungen jedoch vermieden.

Der Anbau von Maniok auf stillgelegten Bergbauflächen zur Produktion von Bioethanol kann für Vietnam ein nachhaltiger Weg sein den steigenden Energiebedarf zu decken und gleichzeitig CO2 Emissionen einzusparen. Aus diesem Grund soll im Rahmen des Folgeprojekts der Anbau und die ökonomische Verwertung von Maniok weiter analysiert werden, um die Produktion von Bioethanol erfolgreich skalieren zu können.

Mehr zu den Chancen und Herausforderungen der Produktion von Bioethanol in Vietnam finden Sie in unserem neuen UfU-Paper:

UfU-Paper: Cultivating energy crops on former mining sites: A sustainable option for bioenergy use in Vietnam?

Ausbau der Erneuerbaren senkt die Gesundheitskosten

2. November 2022

Ausbau der Erneuerbaren senkt die Gesundheitskosten

Veröffentlichung des COBENEFIS Knowledge Commons Air Quality Berichts

COBENEFITS Projekt

Laufzeit
03/2017-02/2020

Kooperationspartner
Institute for Advanced Sustainability Studies e. V. (IASS)
Renewables Academy AG (RENAC)
International Energy Transition (IET)

Auftraggeber
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB)
im Rahmen der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI)

Kontakt
Franziska Sperfeld

Der COBENEFITS Knowledge Commons Air Quality Bericht möchte Entscheidungsträger*innen, NGOs und anderen Expert*innen einen schnellen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung im Bereich Energiewende, Luftqualität und Gesundheit geben. Dabei fasst er einzelne spannende Ergebnisse zu den gesundheitlichen Auswirkungen der Energiewende aus verschiedenen Ländern und Kontexten zusammen.

Heutzutage können Wissenschaftler*innen durch Modellierungs-Software schon ziemlich genau berechnen, wie sich der Ausbau der Erneuerbaren auf die Luftqualität und somit auf die Gesundheit der Bevölkerung auswirkt. So führt die Reduktion der Kohlekraftwerke zu einer geringeren Zahl an frühzeitigen Todesfällen, ausgefallenen Arbeitstagen und Kosten im Gesundheitssektor. Entscheidungsträger*innen ist oftmals aber nicht klar, wie diese Berechnungen funktionieren und welche Konzepte angewendet werden. Deswegen müssen NGOs, die solche Studien als Entscheidungsgrundlage in Auftrag geben, zuerst Expert*innen finden, welche diese komplexen Analysen und Berechnungen überhaupt durchführen können.

Nun kamen zur Veröffentlichung des COBENEFITS Knowledge Commons Air Quality Berichts am 27. September Wissenschaftler*innen und Expert*innen virtuell zusammen, um die neuesten Analyse- und Modellierungsmöglichkeiten vorzustellen und deren Vor- und Nachteile zu diskutieren. Während der Veranstaltung wurde betont, dass der Ausbau der Erneuerbaren uns dabei hilft, auch im Gesundheitssektor, die Social Development Goals (SDGs) zu erreichen. Deshalb muss bei der Energieplanung um die Ecke gedacht werden. Es braucht mehr Analysen, in denen zur Energieplanung Gesundheitsdaten zu Rate gezogen werden, um Entscheidungsträger*innen klar zu machen, dass der Ausbau von Erneuerbaren indirekt viele Leben retten bzw. verbessern kann.

Das COBENEFIS 2 Projekt ist nun ausgelaufen. Weitere Informationen und Materialien finden Sie hier:

Eingesparte Gesundheitskosten durch den Ausbau von Erneuerbaren bis 2050 in Indien

Weitere Infografiken zu anderen Ländern:Video zu Co-Benefits von Erneuerbaren in Indien:

Den Dialog zwischen Naturschutz und Architektur fördern

31. Oktober 2022

Den Dialog zwischen Naturschutz und Architektur fördern

Fachtagung Architektur und Biologische Vielfalt

Urbane Räume gelten längst als Hotspots der biologischen Vielfalt. Gebäude sind wichtige Lebensräume für viele Tierarten. Architekt*innen können mit der Gestaltung von Gebäuden eine Schlüsselrolle für die Förderung der Biodiversität spielen. Deswegen diskutierten auf der Fachtagung Architektur + Biologische Vielfalt Architekt*innen und führende Wissenschaftler*innen, wie eine ökologisch nachhaltige Baukultur aussehen kann.

Welche Herausforderungen liegen vor uns

Vogelschlag an Glas, Lichtverschmutzung sowie die Zerstörung von Niststätten durch Bauaktivitäten gefährden die Artenvielfalt in urbanen Räumen. In Europa und Nordamerika fallen 500 Millionen bis eine Milliarde Vögel jährlich Vogelschlag an Glas zum Opfer. Des Weiteren stieg in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die nächtliche Beleuchtungsintensität jährlich um 3-6%. So führt gerade bei Insekten die nächtliche Beleuchtung zu einem regelrechten Staubsaugereffekt. Es gibt bereits Konzepte wie das des Animal-Aided-Designs, die die Belange von Tieren berücksichtigen oder sogar neue Lebensräume schaffen, doch häufig sind diese Architekt*innen und Bauschaffenden nicht bekannt.

Um den Dialog zwischen Architektur und Naturschutz zu fördern, veranstaltete das UfU gemeinsam mit dem BUND die Fachtagung Architektur + Biologische Vielfalt. „Der direkte Austausch zwischen Wissenschaftler*innen zum Artenschutz an Bauten und jenen, die Bauvorhaben umsetzen, ist etwas Besonderes, das es in dieser Form bisher nicht gegeben hat“, sagt die fachliche Leiterin der Fachtagung Claudia Wegworth vom BUND Berlin.

Dass dieser Austausch notwendig ist, unterstreicht eine Aussage von Jan Musikowski, der gemeinsam mit seinem Architekturbüro das Futurium in Berlin entwarf. „Unser Interesse war das Aussehen und nicht die Natur“, räumte er ein, bevor er berichtete, wie die Glasfassade des Futuriums nachträglich mit speziellen Folien optimiert wurde, um Vogelschlag zu vermeiden. Er betonte, dass Architekt*innen bereits mit vielen Regularien konfrontiert seien und konkrete Leitfäden als Orientierung benötigten.

Welche Lösungsansätze gibt es

Laut Christine Lemaitre, der Geschäftsführenden Vorständin der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB), seien vollverglaste Fassaden auch in Bezug auf die Energieeffizienz von Gebäuden kein Zukunftsmodell mehr. Zudem unterstrich Prof. Dr. Thomas E. Hauck von der Technischen Universität Wien die Notwendigkeit in der Architektur neue ästhetische Präferenzen zu finden, die der Artenvielfalt zugutekommen: „Die Kosten sind relativ gering. Peanuts gegenüber einem Stellplatz in der Tiefgarage“. Auch in Bezug auf die Klimakrise müssten alte Gewissheiten überdacht werden, bekräftigte Cosima Lindemann, die Vorsitzende des Naturschutzbundes Rheinland-Pfalz. So sollten Nistgelegenheiten für Vögel zum Beispiel besonders an Nordseiten von Gebäuden platziert werden, um direkte Sonneneinstrahlung zu vermeiden.

Dr. Franz Hölker vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei beleuchtete außerdem die massiven Auswirkungen von Lichtemissionen auf Pflanzen, Tiere und Menschen. Zum Beispiel störten Brückenbeleuchtungen die Wanderung verschiedener Fischarten, wodurch die von der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie geforderte ökologische Durchgängigkeit von Fließgewässern nicht garantiert werden könne. Deswegen betonte Annette Krop-Benesch von der Initiative „Nachhaltig Beleuchten“, dass der Blau-Anteil des Lichts reduziert und die Beleuchtungen so schwach und punktgenau wie möglich verwendet werden sollten.

Die abschließende Diskussion zeigte, dass der erste Austausch zwischen Naturschutz und Architektur bereits Früchte trug. Dennoch können zufriedenstellende und zukunftsfähige Lösungen in Zukunft nur gemeinsam umgesetzt werden.

Die Fachtagung „Architektur + Biologische Vielfalt“ fand am 27. September im Deutschen Architekturzentrum in Berlin statt und wurde vom Bundesamt für Naturschutz finanziert. Ca. 80 Personen nahmen vor Ort teil, 200 weitere waren online zugeschaltet. Eine ausführliche Dokumentation der Veranstaltung finden Sie hier.