Mit Kreativität und Elan: Potsdamer Schulen sparen weiter Energie ein
29. September 2023
Mit Kreativität und Elan: Potsdamer Schulen sparen weiter Energie ein
60.000 Euro Energieeinsparprämien an engagierte Schüler*innen und Lehrkräfte vergeben
Pressemitteilung Nr. 434 der Stadt Potsdam vom 26.09.2023
Auch im vergangenen Schuljahr 2022/2023 haben die 40 am Energieeinsparprogramm (EEP) des Kommunalen Immobilien Service (KIS) teilnehmenden Potsdamer Schulen durch zahlreiche kreative Projekte und kontinuierliches klimafreundliches Verhalten gezeigt, wie wichtig es ist, Energie einzusparen und klimafreundliches Handeln in den Schulalltag zu integrieren.
Dieses gemeinsame Engagement von Schüler*innen, Lehrkräften, Hausmeistern und Schulleitung wird am 26. September 2023 im Rahmen der jährlichen Jahresveranstaltung mit Anerkennungsprämien in Höhe von insgesamt 60.000 Euro honoriert. Zudem wurden die nach einem Punktesystem erfolgreichsten Schulen präsentiert.
Oberbürgermeister Mike Schubert bei der Veranstaltung: „Es ist beeindruckend, wie Schülerinnen und Schüler aus Potsdamer Schulen auch im Schuljahr 2022/23 wieder mit vielen Aktionen zum Klimaschutz und zum Energiesparen beigetragen haben. Und es ist mir deswegen eine große Freude, heute wieder die vielen Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehrkräften für ihr Engagement auszuzeichnen und die Prämien zu übergeben.“
Im Auftrag des Fachbereiches Bildung und Sport der Landeshauptstadt Potsdam realisiert der Kommunale Immobilien Service (KIS) bereits seit 1998 das Projekt. Die Umsetzung übernehmen das Unabhängige Institut für Umweltfragen (UfU) und die Berliner Energieagentur (BEA). In den vergangenen Jahren wurden hierbei zahlreiche Aktivitäten mit den Themenschwerpunkten richtiges Heizen und Lüften, bewusster und sparsamer Umgang mit Stromverbrauchern und Wasser sowie ressourcensparendes Verhalten und Abfallvermeidung in bis zu 40 Schulen der Stadt unterstützt und gewürdigt.
Im Schuljahr 2022/2023 standen die Jahresrundgänge sowie die Workshops unter dem Motto „Strom und (erneuerbare) Energien“. Energie- und Stromsparen gehörten natürlich in den vergangenen 1 1/2 Jahren zu den meist diskutiertesten Themen in Deutschland. Entsprechend umfangreich haben Schüler*innen durch unterschiedliche Aktionen diese Themen in den Schulalltag integriert, und bei den Besuchen des UfU und der BEA mit fundiertem Wissen hinterlegt. Klimaschutz und die Energiewende sind längst im Alltag junger Menschen angekommen, werden diskutiert, kreativ umgesetzt und gelebt. So stand beispielsweise ein schulinterner Umwelttag unter dem Thema erneuerbare Energien, bei dem unter anderem Miniaturmodelle von Windkraftanlagen gebaut wurden. In Schul-Podcasts wurde die Frage „Strom sparen, aber wie“ behandelt und hilfreiche Tipps erarbeitet. Auch im Schulalltag war das EEP-Jahresthema eingebettet. Es wurden Lichtschalterdienste eingeführt, Checklisten zum stromsparenden Handeln im Alltag gestaltet und auch in den Schulküchen wurde auf energiesparendes Kochen geachtet.
Außerdem beschäftigten sich die Schulen mit weiteren Klimaschutzthemen und setzten ihre Aktionen aus den vergangenen Jahren kontinuierlich fort. Zum Beispiel mit den Möglichkeiten der Wassereinsparung. Dafür wurden Wassertagebücher geführt und Maßnahmen zur Wassereinsparung an den schulischen Sanitäreinrichtungen vorgenommen. Die Frage klimafreundlicher Mobilität wurde in Bezug auf erneuerbare Energien diskutiert und im Zuge dessen Projektwochen und Wettbewerbe unter Schülerinnen und Schülern aber auch unter dem Kollegium veranstaltet. Klassenfahrten wurden vermehrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln oder sogar mit Rad oder zu Fuß geplant.
Ergebnisse
Den ersten Platz belegte das Schulzentrum am Stern mit 562 Punkten, es erhält 6.070,14 Euro. Zweiter wurde die Oberschule Theodor Fontane mit 541 Punkten und einer Prämie von 5.840,72 Euro. Auf dem dritten Platz lag die Karl-Foerster-Schule mit 401 Punkten, was mit 4.328,76 Euro prämiert wurde. Die restlichen Gelder verteilen sich auf die anderen Schulen, die im Schuljahr 2022/23 teilgenommen hatten.
Die Punktebewertung erfolgt nach den Aktivitäten der einzelnen Schule. In den Punktestand fließt aber auch der jeweilige Energieverbrauch der Schulen mit ein.
Hitzeschutz als neues Jahresthema
Im aktuellen Schuljahr wird in den Schulen erstmals das Thema Hitzeschutz als EEP-Jahresprojekt gezielt in den Blick genommen. Dabei wird es um nutzer*innenorientierte Maßnahmen aus den Bereichen „individueller Hitzeschutz“, „Hitzeschutz in Innenräumen“ und Ideen für „Hitzeschutz auf dem Gelände“ gehen. Nutzer*innen von Schulgebäuden sollen damit Möglichkeiten entdecken und ausprobieren, wie sie sich im Alltag besser vor Hitze schützen können. Die Kolleginnen vom Medizinischen Bevölkerungsschutz werden uns dabei fachlich unterstützen.
Alle weiteren Informationen zum Projekt finden sich im Internet unter https://www.energieeinsparprojekt-potsdam.de/
KlimaGesichter und Krisenkinder
28. September 2023
KlimaGesichter und Krisenkinder
Klimagerechtigkeit wird oft gefordert – doch was bedeutet das eigentlich? Unser Mitarbeiter Dr. Christoph Herrler, stellvertretender Fachgebietsleiter im Fachgebiet Klimaschutz und Transformative Bildung, hat genau darüber in Folge 8 des Podcasts Krisenkinder gesprochen.
Es geht unter anderem um verschiedene Ebenen von Klima- und Umweltgerechtigkeit, den Zusammenhang von Klimawandel und Migration sowie um ethische Prinzipien, mit denen sich Ungerechtigkeiten beschreiben lassen. Viel Raum nimmt auch das Projekt KlimaGesichter ein. Dieses im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) geförderte Projekt wird am UfU von Christoph Herrler geleitet und zusammen mit der Deutschen KlimaStiftung durchgeführt. Das Projekt bietet Menschen mit Flucht- oder Migrationserfahrung die Möglichkeit, ihre Sichtweise auf Klimagerechtigkeit darzustellen.
Stellungnahme: Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Klimaschutzes
19. September 2023
Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Klimaschutzes beim Immissionsschutz, zur Beschleunigung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren und zur Umsetzung von EU-Recht.
Der Anlagenpark in Deutschland wird mit der vorliegenden Novelle des Bundes-Immissionsschutzgesetzes adressiert. Ein für das Industrieland Deutschland wichtiges Gesetz also. Damit haben die Abgeordneten des Deutschen Bundestages auch ein weiteres sogenanntes Beschleunigungsgesetz vorgelegt. Zwei Ziele sind damit verbunden: Der Klimaschutz soll gestärkt werden und die Genehmigungen sollen schneller erfolgen. Die Ziele sind zu begrüßen. Die hierfür vorgesehenen gesetzlichen Instrumente des Entwurfs sind hierfür nur teilweise tauglich. Für wirksamen Klimaschutz brauchen die Anlagen in Deutschland Investitionssicherheit und Feinjustierung untergesetzlicher Anforderungen. Ein allgemeines Ziel Klimaschutz in den Katalog der Schutzgüter ist hierfür nicht hinreichend, wenngleich grundsätzlich zu begrüßen. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob der Gesetzgeber mit dieser Novelle die richtigen Stellschrauben erwischt, um in Deutschland die Genehmigungen schneller, aber gleichzeitig qualitativ verlässlich zu bewerkstelligen.
Aus unserer Sicht sind die Stellschrauben des rechtlichen Genehmigungsprozesses nahezu ausgeschöpft, auch weil seit 1990 an Ihnen fast jede Regierung beschleunigungsseitig „optimiert“ hat. Was aber fehlt sind Faktoren in der Vorbereitung bis zur Abgabe der Unterlagen. Auch eine Vollständigkeitsbescheinigung der Unterlagen wäre gut. Oder bürokratische Hürden wie Genehmigungsbescheide für einen bestimmten Windkraftanlagentyp, der nur dafür Gültigkeit hat, wo der Investor aber aufgrund technischer Verbesserungen oder anderer Gründe nun nochmal neu überlegt hat und von der ursprünglichen Anlage abweichen will. Dieses Thema wird seit Jahren in Berlin (nur) diskutiert, der Bundestag greift es aber nicht auf, obwohl es in der Praxis relevant ist. Auch der Digitalisierung wird wenig Beachtung geschenkt. Im Ganzen zeigen sich die Gesetzesmacher mit der Novelle so nicht wirklich auf der Höhe der Zeit. Ganz misslich ist, dass der Erörterungstermin während der Öffentlichkeitsbeteiligung nur noch dann stattfinden soll , wenn der Investor sich davon Vorteile verspricht. Der Staat hat seinen Anspruch auf Ausgleich und Gestaltung in dem Punkt offensichtlich aufgegeben. Die Bürger*innen werden das entsprechend finden.
Das UfU (Tom Witschas und Dr. Michael Zschiesche) haben zusammen mit der Deutschen Umwelthilfe und dem Deutschen Naturschutzring (DNR) die 20 seitige umfangreiche Stellungnahme verfasst und in der Anhörung des Umweltausschusses am 20.09.2023 im Bundestag durch Dr. Cornelia Nicklas von der DUH vorgestellt. Das Gesetz soll noch im Herbst durch den Deutschen Bundestag verabschiedet werden.
Klimaschutz an Berliner Schulen

15. Juni 2023
Klimaschutz an Berliner Schulen
Das KlimaVisionen-Projekt und die Veranstaltung „Tag der Visionen“ unterstützt 40 Berliner Schulen bei der Etablierung von Klimaschutzmaßnahmen. Durch Aktionstage werden von der Schulgemeinschaft definierte Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt, um die Transformation zur Klimaneutralität bis 2045 voranzutreiben.
Während der letzten zwei Jahre wurden 52 Workshops durchgeführt und 40 Treibhausgasbilanzen erstellt. Zur Realisierung der Roadmaps als Visionen hin zu einer klimaneutralen Schule finden Klimaschutzaktionstage an den Schulen statt. Diese dienen in erster Linie der Umsetzung von konkreten Maßnahmen, um Treibhausgasemissionen einzusparen. Gleichzeitig machen die Klimaschutzaktionstage die Schulgemeinschaft darauf aufmerksam, dass sie sich an klimarelevanten Maßnahmen an der eigenen Schule beteiligen kann. Damit soll zu weiterem Handeln ermutigt werden.
Beispiele für Aktionstage im Juni 2023
- Die Grundschule am Stadtpark Steglitz führte einen schulweiten Klimaschutzaktionstag durch. Initiativen wie Restlos Glücklich, Nemo, oder das UfU begleiteten die Schüler:innen mittels thematischer Workshops.
- Die Gustav-Heinemann-Oberschule (Tempelhof-Schöneberg) hat durch eine symbolische Aktion auf den Projektstart aufmerksam gemacht und die geplanten Klimaschutzaktivitäten der kompletten Schulgemeinschaft vorgestellt.
- Die Lina-Morgenstern-Schule (Kreuzberg-Friedrichshain) veranstaltete einen Flohmarkt auf dem Schulgelände.
- Die Anna-Seghers-Schule (Köpenick) zelebrierte den Auftakt zum Schutz der Bäume auf dem Schulhof durch eine große schulinterne Baumpflegeaktion.
Die Klimaschutzaktionstage und weitere Ideen zur Verankerung von strukturellem Klimaschutz an Schulen konnten auf dem Tag der Visionen am 09. Juni anderen Schulen vorgestellt werden. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand der Austausch und die gegenseitige Vernetzung zwischen den Schulen sowie deren Unterstützer*innen.
Um einen langfristigen Klimaschutz an Schulen zu gewährleisten, benötigt es eine dauerhafte und verlässliche Unterstützung durch die Politik. Aus diesem Grund konnten Schüler:innen in einer Podiumsdiskussion mit den Politiker:innen Linda Vierecke (SPD) und Ferat Kocak (Die Linke) ins Gespräch kommen. Dabei forderte ein Schüler eine schulinterne Position zu schaffen, die ausschließlich für Klima- und Umweltschutz zuständig ist. Hintergrund ist die fehlende Koordination der notwendigen Maßnahmen aufgrund von Personal- und Zeitmangel an Schulen. Somit könnte sichergestellt werden, dass die Verantwortung nicht nur bei einigen wenigen engagierten Lehrkräften liegt. Das UfU schließt sich der Forderung an und fordert einen strukturellen Klimaschutz im Schulalltag zu priorisieren.
Das KlimaVisionen Projekt wird auch in den nächsten beiden Jahren Schulen auf ihrem Weg zur Klimaneutralität begleiten. Dazu werden neue Projektteilnehmende gesucht. Anmeldungen bitte per E-Mail an Muriel Neugebauer (muriel.neugebauer@ufu.de).
Ab heute leben wir auf die Kosten anderer

04. Mai 2023
Ab heute leben wir auf die Kosten anderer
Wieder übersteigt die Nachfrage der Deutschen nach ökologischen Ressourcen das Regenerationsvermögen der Erde.
Heute am 4. Mai ist der deutsche Overshoot-Day 2023. Das bedeutet, die Nachfrage der Deutschen nach ökologischen Ressourcen und Dienstleistungen übersteigt ab heute, was die Erde in diesem Jahr regenerieren kann. Die gute Nachricht: Er fiel im letzten Jahr ebenso auf den 4. Mai und ist somit nicht früher. Die schlechte Nachricht: Er ist auch nicht später.
Letztes Jahr war der globale Overshoot-Day am 28. Juli [1]. Somit schneidet Deutschland im weltweiten Vergleich miserabel ab. Tatsächlich gibt es Länder wie Kambodscha, Kenia oder Uruguay, die gar keinen Overshoot-Day haben. Der Ressourcenverbrauch dieser Länder überschreitet also nicht die Regenerationsfähigkeit der Erde. Gleichzeitig werden diese Länder, durch ein niedriges Pro-Kopf-Einkommen, häufig mit Armut assoziiert. Aus ökonomischer Sicht, ist das Fehlen eines Overshoot-Days also ein Anzeichen „ökonomischer Schwäche“.
Diese Annahme ignoriert jedoch einen wichtigen Aspekt. Der erhöhte Ressourcenverbrauch von „ökonomisch starken“ Ländern wie Deutschland ist hauptverantwortlich für den Ausstoß von Treibhausgasemissionen, die zur Erderwärmung beitragen und schon heute zu großen Umweltkatastrophen führen. Diese treffen jedoch überwiegend „ökonomisch schwächere“ Länder, die weniger Kapazitäten haben sich an den Klimawandel anzupassen. „Ökonomisch starke“ Länder beuten die Erde also nicht nur übermäßig aus, sondern transferieren die Kosten ihres Überkonsums auch auf Nationen, die daran keine Teilhabe haben.
Lösungsvorschläge um den globalen Overshoot-Day zu verschieben gibt es einige: Die weltweite Wiederaufforstung von 350 Millionen Hektar Wald würde das Datum des globalen Overshoot Days um 8 Tage nach hinten verschieben, die Reduktion der Lebensmittelverschwendung und des weltweiten Fleischkonsums um 50% sogar um 30 Tage und die weltweite Halbierung des Autoverkehrs durch öffentliche Verkehrsmittel, Fahrradfahren und Fußverkehr um weitere 13 Tage (Quelle: https://www.overshootday.org/).
Demnach gibt es bereits Wege unseren Ressourcenverbrauch zu reduzieren. Sie müssen nur vorangetrieben werden. Wir vom Unabhängigen Institut für Umweltfragen arbeiten schon seit vielen Jahren zum Thema Ressourcenschutz u.a. in Deutschland, Vietnam und Kasachstan. Mehr Informationen dazu gibt es hier.
[1] Der diesjährige globale Overshoot-Day wird erst später im Jahr bekanntgegeben.
Strukturwandel und sozial-ökologische Transformation

27.02.2023
Strukturwandel und sozial-ökologische Transformation
Strukturwandel wird oft mit den sogenannten „3 Ds“ näher spezifiziert. Gemeint sind: Demographischer Wandel, Dekarbonisierung und Digitalisierung. Alle drei Themen gehen für sich und in ihren Wechselwirkungen miteinander mit tiefergreifenden gesellschaftlichen Veränderungen einher. Alternde Gesellschaften und sich verändernde Bewegungsmuster verändern die Bedürfnisse der Menschen etwa was Pflege und Anforderungen an Mobilität angeht. Der politisch beschlossene und aufgrund der Klimakrise notwendige Kohleausstieg geht einher mit Strukturveränderungen. Bestimmte Arbeitsplätze fallen weg, die Nutzung erneuerbarer Energieträger muss skaliert werden. Diese Prozesse bieten auch Möglichkeiten zu einer größeren Dezentralität und damit auch zunehmender demokratischer Mitbestimmung im Energiesystem, wie sich am Beispiel von Energiegenossenschaften aufzeigen lässt (vgl. Holstenkamp /Radtke (Hrsg.) (2018): Energiewende und Partizipation). Ebenso durchzieht die fortschreitende Digitalisierung zahlreiche Lebensbereiche ob in professionellen oder in privaten Kontexten und ist längst nicht mehr wegzudenken.
Im Sinne der Vision einer sozialen und ökologischen Transformation ist der Strukturwandel auch als Gelegenheitsfenster zu verstehen: Anstatt „die Dinge einfach passieren zu lassen“, sollen bewusst Steuerungsmechanismen eingesetzt werden, um die betreffenden Regionen zukunftsfähig, resilient und gerechter aufzustellen. Bürger*innenpartizipation ist dem UfU seit Gründung an ein wichtiges Anliegen. Denn die entsprechenden Prozesse sollten sowohl in Hinblick auf Verteilungs- als auch Verfahrensgerechtigkeit stattfinden.
Im Projekt RevierUPGRADE/MEIFAIR fällt der Fokus auf die junge Generation: Junge Leute sind es, die im Laufe ihres Lebens die Auswirken jetziger Handlungen (oder auch deren Ausbleiben) am meisten zu spüren bekommen. Dies gilt sowohl in Hinblick auf Kippunkte des Erdsystems (vgl. https://www.pik-potsdam.de/de/produkte/infothek/kippelemente/kippelemente) als auch in Bezug auf konkrete Maßnahmen vor Ort, die den eigenen „Lebensraum“ attraktiv machen und Bleibeperspektiven überhaupt erst ermöglichen. Im Sinne von Klimaschutz, Klimaanpassung und Demokratieentwicklung gibt es viel zu tun.
Um den Status Quo und aktuelle Handlungsanknüpfungspunkte gemeinsam auszuloten und die Themen Strukturwandel, Jugendbeteiligung und soziale-ökologische Transformation näher zusammenzudenken, veranstaltet das UfU gemeinsam mit der BUNDjugend am 24.03.2023 ein Dialogforum in Leipzig. Weitere Informationen sowie Anmeldemöglichkeiten finden sich auf der Veranstaltungsseite. Herzlich eingeladen zur Veranstaltung sind Akteur*innen, welche im Mitteldeutschen und/oder Lausitzer Revier aktiv sind und sich in den Bereichen Jugendbeteiligung, Umweltbildung oder Bildung für nachhaltige Entwicklung engagieren sowie auch Mitglieder selbstorganisierter Gruppen und/oder Nachhaltigkeitsinitiativen und weitere Interessierte.
Umwelt gerechter ermöglichen – Das Konzept Umweltgerechtigkeit

21.02.2023
Bild ©Florian Wehde
Umwelt gerechter ermöglichen – Das Konzept Umweltgerechtigkeit
„Umweltfragen sind immer Verteilungsfragen, und Verteilungsfragen sind immer Gerechtigkeitsfragen.“ heißt es im Buch „Unsere Welt neu denken“ von Maja Göpel (2020). Damit betont die Transformationsforscherin, dass soziale Ungleichheiten und gesellschaftliche Machtverhältnisse durch Geschlecht, soziales Milieu oder Alter die Verteilung von Umweltbelastungen und -ressourcen beeinflussen. So sind beispielsweise Menschen mit geringem Einkommen und niedrigen Bildungschancen, die im hochverdichteten Innenstadtbereich leben, oft höheren Gesundheitsbelastungen durch Verkehrslärm und Luftschadstoffen ausgesetzt. Deswegen sind soziale Dimensionen bei ökologischen Problemlagen zwingend mitzudenken.
Umweltgerechtigkeit (UG) ist ein interdisziplinärer und integrativer Handlungsansatz zur Verringerung sozialer Ungleichheiten in den Bereichen Umwelt und Gesundheit, der mehr und mehr an Bedeutung gewinnt. Ziel soll sein, gesunde Umwelt- und Lebensverhältnisse für alle zu schaffen. Grundsätzlich nimmt das Konzept im deutschsprachigen Diskurs Aspekte aus den Bereichen Soziale Lage, Umwelt und Gesundheit in bestimmten Sozialräumen in den Blick und setzt diese miteinander in Bezug (vgl. difu (2021) -toolbox Umweltgerechtigkeit).
Um die Thematik und den Austausch weiter voranzubringen, richtet das UfU gemeinsam mit dem BUND Berlin im Mai 2023 den Kongress „Umweltgerechtigkeit im Quartier – vernetzt und partizipativ Zukunft gestalten“ aus. Die Veranstaltung fokussiert sich konkret auf die Stadt Berlin und seine Quartiere. Highlights der Veranstaltung sind der fachliche Austausch zwischen den Teilnehmenden, die Vorstellung und Diskussion des aktualisierten Berliner Umweltgerechtigkeits-Berichts und Anstöße zur Initiierung von Projekten und Maßnahmen in mehrfach belasteten Quartieren. Zudem soll der vom UfU erstellte Entwurf des Praxisleitfadens für Berliner Quartiersmanager*innen diskutiert werden.
Der Kongress baut auf Vorarbeiten verschiedener Akteur*innen und dem Umweltgerechtigkeitsatlas auf. Auch politisch hat Berlin im Themenbereich Umweltgerechtigkeit eine gewisse Vorreiterrolle. Bereits in den Koalitionsvereinbarungen für die Legislaturperiode 2016 – 2021 wurde das Ziel formuliert, die Anzahl mehrfach belasteter Gebiete und die Betroffenheit der Berliner*innen deutlich zu reduzieren.
Übrigens: Environmental Justice hat u.a. historische Ursprünge in der Schwarzen Bürger*innenrechtsbewegung, die rassistische Zustände in umweltrelevanten Entscheidungen wie beispielsweise Standortentscheidungen von Giftmülldeponien bekämpfte.
Bioenergie ohne Flächenkonflikte

27.01.2023
Bioenergie ohne Flächenkonflikte
Der Anbau von Maniok auf stillgelegten Bergbauflächen zur Produktion von Bioethanol leistet einen sinnvollen Beitrag zum Klimaschutz in Vietnam.
Seit Jahren steht die Produktion von Bioethanol in der Kritik, da sie mit der Lebensmittelindustrie um landwirtschaftliche Nutzflächen konkurriert. Doch unsere Projektstudie aus Vietnam zeigt, dass der Anbau von Maniok auf stillgelegten Bergbauflächen diesen Konflikt umgeht, da solche Flächen für die Nahrungsmittelproduktion ungeeignet sind. Die Verwendung des daraus resultierenden Bioethanols führt zu einer CO2 Einsparung von bis zu 50% im Vergleich zu konventionellen Kraftstoffen.
Der Energiebedarf Vietnams nimmt aufgrund des Wirtschaftswachstums und der Industrialisierung stetig zu. Dabei soll der Anteil von Erneuerbaren Energien von 3,7 Prozent in 2020 auf 10 Prozent im Jahr 2030 ansteigen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die vietnamesische Regierung die Beimischung von Bioethanol und die Rekultivierung von stillgelegten Bergbauflächen vorgeschrieben. Das UfU profitiert davon, da wir in unserem CPEP Projekt mit Bergbauunternehmen zusammenarbeiten, die Maniok zur Rekultivierung ihrer stillgelegten Bergbauflächen verwenden, um durch den Verkauf zusätzliche Gewinne zu erzielen.
Stillgelegte Bergbauflächen sind aufgrund vergangener Aktivitäten häufig durch Schwermetalle und andere Giftstoffe belastet und somit für die Produktion von Lebensmitteln ungeeignet. Daher steht der Anbau von Maniok nicht in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion und ist eine geeignete Rekultivierungsmaßnahme. Auf den Testflächen des UfU in Vietnam liegen die Maniok Erträge mit 25 Tonnen pro Hektar im guten Mittelfeld. Die nationalen Durchschnittserträge liegen zwischen 13 und 35 Tonnen. Allerdings konnten nur 2 Tonnen Ethanol pro Hektar produziert werden, 1,5 Tonnen weniger als im Durchschnitt. Dies deutet auf einen niedrigen Zuckergehalt hin, der auf die geringere Bodenqualität zurückzuführen ist.
Durch die Nutzung von Bioethanol aus Maniok, das auf stillgelegten Bergbauflächen angebaut wird, können im Vergleich zu konventionellen Kraftstoffen bis zu 50 Prozent CO2-Emissionen eingespart werden. Diese Einsparung ist auch im Vergleich zu konventionell erzeugtem Bioethanol deutlich höher. Zum Beispiel werden für die konventionelle Biokraftstofferzeugung häufig große Flächen an Regenwald gerodet, wodurch es zu immensen CO2-Emissionen kommt. Bei der Nutzung stillgelegter Bergbauflächen werden die negativen Auswirkungen von Landnutzungsänderungen jedoch vermieden.
Der Anbau von Maniok auf stillgelegten Bergbauflächen zur Produktion von Bioethanol kann für Vietnam ein nachhaltiger Weg sein den steigenden Energiebedarf zu decken und gleichzeitig CO2 Emissionen einzusparen. Aus diesem Grund soll im Rahmen des Folgeprojekts der Anbau und die ökonomische Verwertung von Maniok weiter analysiert werden, um die Produktion von Bioethanol erfolgreich skalieren zu können.
Mehr zu den Chancen und Herausforderungen der Produktion von Bioethanol in Vietnam finden Sie in unserem neuen UfU-Paper:
Ausbau der Erneuerbaren senkt die Gesundheitskosten
2. November 2022
Ausbau der Erneuerbaren senkt die Gesundheitskosten
Veröffentlichung des COBENEFIS Knowledge Commons Air Quality Berichts
COBENEFITS Projekt
Laufzeit
03/2017-02/2020
Kooperationspartner
Institute for Advanced Sustainability Studies e. V. (IASS)
Renewables Academy AG (RENAC)
International Energy Transition (IET)
Auftraggeber
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB)
im Rahmen der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI)
Kontakt
Franziska Sperfeld
Der COBENEFITS Knowledge Commons Air Quality Bericht möchte Entscheidungsträger*innen, NGOs und anderen Expert*innen einen schnellen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung im Bereich Energiewende, Luftqualität und Gesundheit geben. Dabei fasst er einzelne spannende Ergebnisse zu den gesundheitlichen Auswirkungen der Energiewende aus verschiedenen Ländern und Kontexten zusammen.
Heutzutage können Wissenschaftler*innen durch Modellierungs-Software schon ziemlich genau berechnen, wie sich der Ausbau der Erneuerbaren auf die Luftqualität und somit auf die Gesundheit der Bevölkerung auswirkt. So führt die Reduktion der Kohlekraftwerke zu einer geringeren Zahl an frühzeitigen Todesfällen, ausgefallenen Arbeitstagen und Kosten im Gesundheitssektor. Entscheidungsträger*innen ist oftmals aber nicht klar, wie diese Berechnungen funktionieren und welche Konzepte angewendet werden. Deswegen müssen NGOs, die solche Studien als Entscheidungsgrundlage in Auftrag geben, zuerst Expert*innen finden, welche diese komplexen Analysen und Berechnungen überhaupt durchführen können.
Nun kamen zur Veröffentlichung des COBENEFITS Knowledge Commons Air Quality Berichts am 27. September Wissenschaftler*innen und Expert*innen virtuell zusammen, um die neuesten Analyse- und Modellierungsmöglichkeiten vorzustellen und deren Vor- und Nachteile zu diskutieren. Während der Veranstaltung wurde betont, dass der Ausbau der Erneuerbaren uns dabei hilft, auch im Gesundheitssektor, die Social Development Goals (SDGs) zu erreichen. Deshalb muss bei der Energieplanung um die Ecke gedacht werden. Es braucht mehr Analysen, in denen zur Energieplanung Gesundheitsdaten zu Rate gezogen werden, um Entscheidungsträger*innen klar zu machen, dass der Ausbau von Erneuerbaren indirekt viele Leben retten bzw. verbessern kann.
Das COBENEFIS 2 Projekt ist nun ausgelaufen. Weitere Informationen und Materialien finden Sie hier:
Eingesparte Gesundheitskosten durch den Ausbau von Erneuerbaren bis 2050 in Indien

Den Dialog zwischen Naturschutz und Architektur fördern

31. Oktober 2022
Den Dialog zwischen Naturschutz und Architektur fördern
Fachtagung Architektur und Biologische Vielfalt
Urbane Räume gelten längst als Hotspots der biologischen Vielfalt. Gebäude sind wichtige Lebensräume für viele Tierarten. Architekt*innen können mit der Gestaltung von Gebäuden eine Schlüsselrolle für die Förderung der Biodiversität spielen. Deswegen diskutierten auf der Fachtagung Architektur + Biologische Vielfalt Architekt*innen und führende Wissenschaftler*innen, wie eine ökologisch nachhaltige Baukultur aussehen kann.
Welche Herausforderungen liegen vor uns
Vogelschlag an Glas, Lichtverschmutzung sowie die Zerstörung von Niststätten durch Bauaktivitäten gefährden die Artenvielfalt in urbanen Räumen. In Europa und Nordamerika fallen 500 Millionen bis eine Milliarde Vögel jährlich Vogelschlag an Glas zum Opfer. Des Weiteren stieg in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die nächtliche Beleuchtungsintensität jährlich um 3-6%. So führt gerade bei Insekten die nächtliche Beleuchtung zu einem regelrechten Staubsaugereffekt. Es gibt bereits Konzepte wie das des Animal-Aided-Designs, die die Belange von Tieren berücksichtigen oder sogar neue Lebensräume schaffen, doch häufig sind diese Architekt*innen und Bauschaffenden nicht bekannt.
Um den Dialog zwischen Architektur und Naturschutz zu fördern, veranstaltete das UfU gemeinsam mit dem BUND die Fachtagung Architektur + Biologische Vielfalt. „Der direkte Austausch zwischen Wissenschaftler*innen zum Artenschutz an Bauten und jenen, die Bauvorhaben umsetzen, ist etwas Besonderes, das es in dieser Form bisher nicht gegeben hat“, sagt die fachliche Leiterin der Fachtagung Claudia Wegworth vom BUND Berlin.
Dass dieser Austausch notwendig ist, unterstreicht eine Aussage von Jan Musikowski, der gemeinsam mit seinem Architekturbüro das Futurium in Berlin entwarf. „Unser Interesse war das Aussehen und nicht die Natur“, räumte er ein, bevor er berichtete, wie die Glasfassade des Futuriums nachträglich mit speziellen Folien optimiert wurde, um Vogelschlag zu vermeiden. Er betonte, dass Architekt*innen bereits mit vielen Regularien konfrontiert seien und konkrete Leitfäden als Orientierung benötigten.
Welche Lösungsansätze gibt es
Laut Christine Lemaitre, der Geschäftsführenden Vorständin der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB), seien vollverglaste Fassaden auch in Bezug auf die Energieeffizienz von Gebäuden kein Zukunftsmodell mehr. Zudem unterstrich Prof. Dr. Thomas E. Hauck von der Technischen Universität Wien die Notwendigkeit in der Architektur neue ästhetische Präferenzen zu finden, die der Artenvielfalt zugutekommen: „Die Kosten sind relativ gering. Peanuts gegenüber einem Stellplatz in der Tiefgarage“. Auch in Bezug auf die Klimakrise müssten alte Gewissheiten überdacht werden, bekräftigte Cosima Lindemann, die Vorsitzende des Naturschutzbundes Rheinland-Pfalz. So sollten Nistgelegenheiten für Vögel zum Beispiel besonders an Nordseiten von Gebäuden platziert werden, um direkte Sonneneinstrahlung zu vermeiden.
Dr. Franz Hölker vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei beleuchtete außerdem die massiven Auswirkungen von Lichtemissionen auf Pflanzen, Tiere und Menschen. Zum Beispiel störten Brückenbeleuchtungen die Wanderung verschiedener Fischarten, wodurch die von der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie geforderte ökologische Durchgängigkeit von Fließgewässern nicht garantiert werden könne. Deswegen betonte Annette Krop-Benesch von der Initiative „Nachhaltig Beleuchten“, dass der Blau-Anteil des Lichts reduziert und die Beleuchtungen so schwach und punktgenau wie möglich verwendet werden sollten.
Die abschließende Diskussion zeigte, dass der erste Austausch zwischen Naturschutz und Architektur bereits Früchte trug. Dennoch können zufriedenstellende und zukunftsfähige Lösungen in Zukunft nur gemeinsam umgesetzt werden.
Die Fachtagung „Architektur + Biologische Vielfalt“ fand am 27. September im Deutschen Architekturzentrum in Berlin statt und wurde vom Bundesamt für Naturschutz finanziert. Ca. 80 Personen nahmen vor Ort teil, 200 weitere waren online zugeschaltet. Eine ausführliche Dokumentation der Veranstaltung finden Sie hier.