Dialogveranstaltung „KlimaKompetenzen in der beruflichen Bildung“

Berufliche Bildung zukunftsfähig machen: BNE darf politischer werden!

Auszubildende und Lehrkräfte fordern ein besseres Curriculum und mehr Freiraum in der beruflichen Bildung, um gesellschaftlich relevante Themen zu integrieren!

30.11.2023

Wir stehen als Gesellschaft vor multiplen und sehr komplexen Herausforderungen, die umfassende politische, wirtschaftliche und soziale Veränderungen auf globaler Ebene erfordern. Die berufliche Ausbildung, als bedeutender Baustein in der Bildungsbiographie von derzeit 1,22 Millionen Menschen in Deutschland, sollte zusätzlich zu berufsspezifischen Lerninhalten, auch als Erfahrungs- und Gestaltungsraum von gesellschaftlicher Transformation verstanden werden.

Das Konzept einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) bietet teilweise schon wichtige Impulse, um aktuelle Themen wie Klimawandel, Wärmewende, Nachhaltigkeit und Transformation in die berufliche Bildung junger Menschen zu integrieren. Trotzdem ist die BNE nicht hinreichend, um den Herausforderungen der Gegenwart zu begegnen, denn sie fokussiert bisher meist auf individuelles Handeln und Konsumentscheidungen. Soll systemisches Denken und das Verständnis von kollektiven Handlungsprozessen gefördert werden, muss ebenfalls politische Bildung in den Stundenplan von Auszubildenden integriert werden. Hier setzt das von der Bundeszentrale für politische Bildung geförderte Projekt: „Klimakompetenzen in der beruflichen Bildung stärken“ an.

Am 30. November 2023 traten Auszubildende, Ausbilder*innen, Lehrkräfte, außerschulische Akteure und weitere Expert*innen der Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung (BBNE), und politischen Bildung in den Dialog. Es ging darum, wie zukunftsorientiertes, wechselseitiges Lernen mit Hilfe von Methoden aus der politischen Bildung und der BNE in der beruflichen Bildung befördert werden könnte. Das Besondere der Veranstaltung, die in der beruflichen Leuchtturmschule Hermann-Scheer in Berlin[1] stattfand, war der gleichberechtigte Austausch über Bedarfe, Ideen und Meinungen anhand der vielseitigen Perspektiven und Wirkebenen der verschiedenen Akteur*innen.

In Fokusgruppen und der anschließenden Paneldiskussion wurde deutlich, dass Themen wie die sozial-ökologische Transformation und die Gestaltung der Rahmenbedingungen, um diese mitzugestalten, noch stärker in die berufliche Bildung und den beruflichen Alltag der jungen Menschen einbezogen werden müssen. Dazu bedarf es unter anderem eine strukturelle Verankerung, welche die Zielkonflikte des Themas „Klimakrise“ im beruflichen Umfeld in den Blick nimmt. Gleichzeitig muss gewährleistet sein, dass Lehrkräfte befähigt sind, Reflexionsprozesse bei den Schüler*innen anzuregen. Mit der Förderung von Gestaltungskompetenz und dem nötigen Abstand zur Katastrophenpädagogik sollten wir dem Gefühl der Ohnmacht entgegenwirken, damit Berufsschüler*innen bestärkt werden, den bestehenden Herausforderungen zu begegnen und sich selbstwirksam in Prozesse einzubringen.

Aus Sicht der Lehrkräfte sind vor allem Rahmenbedingungen wie Änderungen im schulinternen Curriculum und die feste Verankerung von BNE im Unterricht essentiell, damit sie diese Themen in Zukunft in den Unterricht integrieren können. Dazu wären eine Weiterentwicklung der Standardberufsbildposition Nachhaltigkeit und das Kennenlernen neuer Methoden hilfreich. Insgesamt sollte es mehr Spielraum z.B. für die Diskussion aktueller politischer Themen geben, was zum einen zeitliche Ressourcen, sowie eine bessere Übersicht über aktuelle Materialien im Bereich der politischen BBNE bedarf.

Die Gruppe der Auszubildenden kritisierte veraltete Lehrwerke und Lehrinhalte, die wenig konkret mit ihrer späteren Arbeit im Betrieb zu tun haben. Sie sprachen sich für eine aktive Mitgestaltung von Rahmenbedingungen und Inhalten mit Hilfe der Lehrkräfte aus, wie z.B. der Gestaltung des Stundenplans und nachhaltigeren Unterrichtsthemen. Die Idee Politiker*innen für ihre Fragen und die Diskussion aktueller Themen an ihre Schule zu holen, wurde dankend angenommen und kann die Demokratiebildung befördern.

Eine dritte Fokusgruppe stellten Außerschulische Akteure und Bildungseinrichtungen, die ihre Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) bereits politischer denken, dar. Sie bereicherten die Veranstaltung mit der Präsentation ihrer Angebote und stellten konkrete Projekte wie Pimp my Future vor, bei dem Schüler*innen Ideen entwickeln, Anträge verfassen und darüber mit Politiker*innen in die Diskussion und Umsetzung gehen. Das gemeinsame Erproben der Methode Columbus vom EPIZ (Methode 29 und Video) stellte die Auswirkung von Perspektivwechseln und globalen Machtverhältnisse sehr wirkungsvoll dar und machte neugierig auf den abschließenden Markt der Möglichkeiten.

Innerhalb des Projekts bilden insgesamt drei Veranstaltungsformate die Basis für eine Ist-Stand Analyse aus der dann konkrete Interessen und Möglichkeiten für die verschiedenen Zielgruppen im Bereich BBNE und politischer Bildung abgeleitet werden können. Ein Konzeptpapier wird die Ergebnisse zusammenfassen und kann als Ausgangspunkt für die Entwicklung von Fortbildungen für Bildner*innen oder auch der strukturellen Verankerung der Themen in der beruflichen Bildung dienen.

 

[1] Eine von drei Leuchtturmschulen der Schulentwicklung beruflicher Schulen des epiz in Berlin