21. September 2021
Ein Gesetz mit Lücken
UfU nimmt zum Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz Stellung
Am 19. August verabschiedete das Berliner Abgeordnetenhaus eine Novelle des Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetzes. Ein Gesetz, dass Berlin langfristig klimaneutral machen und die Energiewende forcieren soll.
Mit der Novelle hat das Abgeordnetenhaus das Gesetz nochmal deutlich verschärft, sodass es zu den ambitioniertesten Klimaschutzgesetzen in Deutschland zählt. In seiner Radikalität, Tiefe und Kurzfristigkeit gibt es kaum ein vergleichbares Landesgesetz. Die Klimaziele wurden drastisch erhöht, der Zeitrahmen, in dem die Ziele zu erreichen sind, teilweise um bis zu 5 Jahre verkürzt.
Das UfU hat sich intensiv mit dieser Novelle auseinandergesetzt und dazu Stellung bezogen. Grundsätzlich ist zu sagen: Wir begrüßen die ambitionierten Ziele des EWG Bln sehr. Der Dringlichkeit mit der wir uns der Energiewende in Berlin stellen müssen, wird mit diesem Gesetz Rechnung getragen. Allerdings haben wir begründete Zweifel an einer Zweckmäßigkeit der Verschärfung, wenn jetzt bereits absehbar ist, dass die Zielmarken des Gesetzes verfehlt werden. Das Gesetz droht zu einem weiteren Papier mit Zielsetzungen zu verkommen, die am Ende nicht umgesetzt werden.
Unsere Kernkritik: In dem Gesetz werden behördliche Verwaltungsprozesse und ihr Zeitaufwand konsequent vernachlässigt. Es werden beispielsweise Zielmarken mit Einsparungen von 80 Prozent im Primärenergieverbrauch bei öffentlichen Gebäuden gesetzt. Gleichzeitig wird ignoriert, dass es in sieben Berliner Bezirken bereits vollständig ausgearbeitet Sanierungsfahrpläne für diese Gebäude gibt, mit deutlich geringeren Einsparpotentialen. Es müsste also entweder doppelt saniert, die Planungen grundlegend überarbeitet werden oder die Zielsetzung des Gesetzes ist schon jetzt nicht haltbar. Schulen sollen neue Effizienzstandards bekommen, ohne zu berücksichtigen, dass durch die aktuelle Schulbauoffensive die Planungsverfahren und Genehmigungen für viele Schulen bereits abgeschlossen sind. Denn Arbeiten an öffentlichen Gebäuden wie Schulen werden teilweise Jahre im Voraus beantragt und genehmigt. Das Gesetz kann also nur durch Doppelsanierungen und erhöhten finanziellen Aufwand greifen.
Wir haben viele weitere Punkte im Gesetz gefunden, die wir mit der aktuellen personellen Besetzung auf allen Verwaltungsebenen für schlicht nicht umsetzbar halten. Der akute Fachkräftemangel, auch in den Bauämtern, verhindert schnelles und punktiertes Handeln. Dies sollten die Probleme sein, mit denen sich das Abgeordnetenhaus beschäftigt, bevor es weitere Novellen von Klimaschutzgesetzen verabschiedet, die so nicht einzuhalten sind.
Link: Hier geht’s zu unserer Stellungnahme: UfU nimmt zum EWG Bln Stellung