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27. September 2021

Fünfter Aarhus-Workshop zu Menschenrechten und Klimaschutzgesetzen in der EU

Am 7. September 2021 organisierte das UfU zusammen mit slowenischen NGOs den fünften Aarhus-Workshop zum Thema: Zusammenhang von Menschenrechten, Klimaschutzgesetzen und der Aarhus-Konvention in der Europäischen Union (EU). Im Mittelpunkt stand die Frage, wie Bürger*innen und zivilgesellschaftliche Organisationen in umwelt- und klimapolitische Prozesse auf EU-Ebene und in den Mitgliedstaaten eingebunden werden.

Die 1998 von der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten verabschiedete Aarhus-Konvention legt den Grundstein für das Recht auf Information und auf Beteiligung, um eigene Vorstellungen von einem klimaneutralen Europa wirksam einbringen zu können und für Klagerechte in Umweltangelegenheiten. Aufgrund der Konvention haben die Zivilgesellschaft und Nichtregierungsorganisationen formal das Recht, vor Gericht zu gehen und EU-Entscheidungen anzufechten, wenn Umwelt- und Klimaschutzgesetze mutmaßlich verletzt werden. Beispiele für solche Verwaltungsentscheidungen sind die Genehmigung neuer Projekte für fossile Brennstoffe, Fischereiquoten, die Genehmigung staatlicher Beihilfen für Kernkraftwerke und viele mehr. Da die Europäische Union dafür kritisiert wird, dass sie Bürger*innen und Nichtregierungsorganisationen aber in der Praxis keine Möglichkeit gibt, ihre Entscheidungen zu überprüfen, wird die Aarhus-Verordnung momentan überarbeitet.

Der Workshop fand nur wenige Wochen vor der siebten Tagung der Vertragsparteien der Aarhus-Konvention (sog. „MoP 7″; vom 18. bis 21. Oktober 2021 in Genf) und somit zu einem entscheidenden Zeitpunkt statt. Denn von der Vertragsstaatenkonferenz werden richtungsweisende Entscheidungen, auch hinsichtlich des Rechtsschutzes erwartet.  Daher wurde auf dem Workshop ausgiebig erörtert, ob die zu erwartende überarbeitete Aarhus-Verordnung und andere EU-Gesetze letztendlich mit der Aarhus-Konvention in Einklang sein werden und wo weiterhin Umsetzungsdefizite bestehen. Die rund 50 Teilnehmenden aus Umweltverbänden, Stiftungen, Universitäten, Regierungsorganisationen sowie Jurist*innen – vor allem aus Slowenien, Deutschland und Brüssel diskutierten auch die Herausforderungen innerhalb einzelner Mitgliedstaaten sowie Möglichkeiten, die (rechtliche) Beteiligung von Bürger*innen und NGOs am Klima- und Umweltschutz zu verbessern.

Redner*innen:

Dr. Vasilka Sancin, Assistenzprofessorin an der Universität Ljubljana & Direktorin des Zentrums für Internationales und Wirtschaftsrecht;

Dr. Roda Verheyen, LL.M., Umweltanwältin der Rechtsanwälte Günther Partnerschaftsgesellschaft;

Mag. Senka Šifkovič Vrbica, Umweltanwältin am Institut für Raumordnungspolitik (IPoP);

Sebastian Bechtel, LL.M., Jurist für Umweltdemokratie bei ClientEarth Brüssel;

Mag. Tanja Pucelj Vidovič, Focal Point für die Aarhus-Konvention im Ministerium für Umwelt und Raumordnung;

Matthias Sauer, Referatsleiter des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit;

Alistair McGlone, Direktor bei Alistair McGlone and Associates Ltd & ehemaliges Mitglied des Aarhus Convention Compliance Committee;

Dr. Maša Kovič Dine, Assistenzprofessorin an der Universität von Ljubljana;

Dr. Maria Alexandra de Sousa Aragão, Professorin an der Universität von Coimbra;

Aljoša Petek, Umweltanwältin bei PIC – Rechtszentrum für den Schutz der Menschenrechte und der Umwelt.

 

In der ersten lebhaften Podiumsdiskussion über das bevorstehende Treffen der Vertragsparteien der Aarhus-Konvention (MoP-7) diskutierten die Podiumsteilnehmer*innen Mag Tanja Pucelj Vidovič; Matthias Sauer und Alistair McGlone darüber, ob die Europäische Union ihren EU-Bürger*innen und NGOs ausreichenden Zugang zu den Gerichten gewährt oder nicht. Dr. Michael Zschiesche, Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzender des UfU, betonte dazu: „Die Doppelmoral der Europäischen Union muss aufhören. EU-Bürger*innen und Nichtregierungsorganisationen müssen in der Lage sein, die Europäische Union zur Rechenschaft zu ziehen, wenn ihre Entscheidungen der Umwelt und dem Klima schaden, so wie die Zivilgesellschaft die Mitgliedstaaten in Umweltfragen zur Rechenschaft ziehen kann.“  Alistair McGlone unterstrich: „Die EU sollte sich für Rechenschaftspflicht und internationale Rechtsstaatlichkeit einsetzen, um zu vermeiden, dass ihr Ruf als weltweit führendere Akteur*in in Umweltforen beschädigt wird.“

 

Die zweite Podiumsdiskussion befasste sich mit dem Zusammenspiel von der Beteiligung der Öffentlichkeit an umweltpolitischen Entscheidungen und sogenannten Umwelt- und Klimaklagen. Dr. Maša Kovič Dine, Dr. Maria Alexandra de Sousa Aragão und Aljoša Petek formulierten es so: „Ordnungsgemäße Planungs- und Genehmigungsverfahren mit frühzeitiger, umfassender und effektiver Öffentlichkeitsbeteiligung auf Ebene der Mitgliedstaaten und der EU können langwierige und teure Rechtsstreitigkeiten vor Gericht verhindern. Aktive Bürger*innenbeteiligung verhindert langfristige finanzielle Kosten durch Umweltzerstörung.“

 

Die Diskussionsteilnehmer*innen waren sich außerdem einig, dass die derzeitigen Beteiligungsformate nicht den Bedürfnissen der jungen Generation entsprechen, die sich stark für Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung engagiert.

 

Präsentationen:

– Gesamtpräsentation mit allen Vorträgen: Menschenrechte, europäische und nationale Klimagesetze und die Bedeutung der Aarhus-Konvention;

Die Sicht der slowenischen Umwelt-NGOs auf die slowenische EU-Ratspräsidentschaft in Umweltfragen.

Presseerklärung:

Wie die Europäische Union seit zwei Jahrzehnten gegen internationales Umweltrecht verstößt.

NGOs, die den Workshop organisiert haben:

  • UfU – das Unabhängige Institut für Umweltfragen,
  • PIC – das Rechtszentrum für den Schutz von Menschenrechten und Umwelt,
  • IPoP – das Institut für Raumordnungspolitiken
  • Umanotera – die slowenische Stiftung für nachhaltige Entwicklung
  • CIEL – Zentrum für internationales Recht und Wirtschaftsrecht

Über die Workshops:

In den Jahren 2020 und 2021 wurden insgesamt fünf digitale Aarhus-Workshops durch das UfU organisiert. Am 11. Mai 2020, 30. Juni 2020, 17. November 2020, 24. März 2021 und 7. September 2021 nahmen interessierte Teilnehmer*innen aus Belgien, Deutschland, Portugal und Slowenien an den Workshops teil. Ein gemeinsames Positionspapier „Deutsch-Portugiesisch-Slowenische Erklärung der Zivilgesellschaft zum Rechtszugang für Bürger*innen und NGOs auf EU-Ebene“ wurde veröffentlicht. Das UfU dankt allen, die zu den fünf Aarhus-Workshops beigetragen und zu einem Erfolg gemacht haben.

Alle Aarhus-Workshops sind Teil des Projekts „Europäische Umsetzung der Aarhus-Konvention im digitalen Zeitalter (EU-AarKo)“ des Unabhängigen Instituts für Umweltfragen UfU e.V. Dieses Projekt wird vom Umweltbundesamt (UBA) und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit im Rahmen der Verbändeförderung gefördert.

Bei Fragen zum Thema wenden Sie sich bitte an Larissa Donges.

Weitere Informationen zur Aarhus Konvention und ihrer Umsetzung auf europäischer Ebene finden Sie hier: www.aarhus-konvention.de

Für weitere Informationen über das EU-AarKo-Projekt und seinen Hintergrund klicken Sie bitte hier.