29. Juni 2022

Öffentlichkeitsbeteiligung trotz leichter Verbesserungen weiterhin mangelhaft!

In der vom Unabhängigen Institut für Umweltfragen – UfU e.V. veröffentlichten Studie zur Öffentlichkeitsbeteiligung in Deutschland wird eine klare Verletzung von rechtlichen Vorgaben deutlich. Nur etwa 21 Prozent der veröffentlichungspflichtigen Infrastrukturvorhaben werden der Bevölkerung online zugänglich gemacht.

Im zweiten Jahr in Folge veröffentlicht das Unabhängige Institut für Umweltfragen – UfU e.V. aus Berlin seine umfangreiche Studie zur Öffentlichkeitsbeteiligung bei Infrastrukturprojekten in Deutschland. Untersucht wurden geplante Infrastrukturprojekte, die laut Gesetz einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unterliegen und deswegen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden müssen. Dabei stellt sich auch im zweiten Jahr heraus, dass Bürger*innen einen Großteil der Vorhaben, trotz Anspruch darauf, nicht online auf den dafür vorgesehenen Webportalen einsehen können.

Von ca. 1900 neuen Zulassungsverfahren für Infrastrukturprojekte in Deutschland sind von den Behörden nur 409 Verfahren tatsächlich in die entsprechenden UVP-Portale eingetragen worden. Das entspricht einer Quote von 21,5 Prozent. Auch wenn sich diese Zahl im Vergleich zum Vorjahr, in dem lediglich 190 von ca. 2.000 Verfahren eingetragen worden sind, etwas verbessert hat, ist die digitale Öffentlichkeitsbeteiligung weiterhin mangelhaft und hindert Bürger*innen daran, ihr Recht auf Information auszuüben. Dieser Mangel an Transparenz und Information ist vor Allem vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen, etwa um die Planungsbeschleunigung, als auch um das Aussetzen von Bürger*innenbeteiligung bei den geplanten LNG-Terminals der Bundesregierung bedenklich. Die Studie zeigt eindeutig, dass Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Bundesregierung und den zuständigen Behörden keine Priorität hat und dass die Beteiligungsrechte der Bürger*innen verletzt werden.

Seit 2017 sind Planungsbehörden aufgrund der UVP-Richtlinie 2014/52/EU dazu verpflichtet, über Internetportale geplante Infrastrukturvorhaben deutschlandweit zu veröffentlichen. So können sich Bürger*innen über die Vorhaben informieren und vor allem die UVP, also die genaue Untersuchung des Vorhabens und seine möglichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt, einsehen. Dieser Zugang zu Information legt den Grundstein, um beispielsweise Einwände gegen Projekte erheben zu können und ggf. – bei festgestellten Verstößen gegen das Umweltrecht – rechtliche Schritte gegen das Vorhaben einzulegen.

Im Rahmen der Studie hat das Unabhängige Institut für Umweltfragen durch intensive Auswertung von Jahresberichten sowie Befragungen von Vertreter*innen von Umweltverbänden zu Verfahren in ihrem Bundesland eine Hochrechnung der tatsächlich stattgefunden Beteiligungsverfahren bei Infrastrukturvorhaben für das Jahr 2019 vorgelegt. Diese Zahl wurde dann mit den in den UVP-Portalen eingetragenen Daten verglichen, wodurch die Unvollständigkeit der Webportale aufgezeigt wurde.

Eine Zusammenfassung der Ergebnisse und der vollständige Bericht können unter dem untenstehenden Link abgerufen werden.

2018: Anzahl der ermittelten und real stattgefundenen Beteiligungsverfahren (2000) bei Infrastrukturvorhaben vs. Anzahl der in den UVP-Portalen des Bundes und der Länder eingetragenen Beteiligungsverfahren bei Infrastrukturvorhaben (190)

2019: Anzahl der ermittelten und real stattgefundenen Beteiligungsverfahren (1900) bei Infrastrukturvorhaben vs. Anzahl der in den UVP-Portalen des Bundes und der Länder eingetragenen Beteiligungsverfahren bei Infrastrukturvorhaben (409)

Monitoring Report 2019
https://www.ufu.de/projekt/monitoring-report-2019/ (PDF)

Pressemitteilung als PDF
UfU-PM_Monitoring-Report-2019 (PDF)

Das Unabhängige Institut für Umweltfragen ist ein wissenschaftliches Institut und eine Bürgerorganisation mit dem Anliegen, bürgernah und zeitkritisch die umweltpolitische Entwicklung schwerpunktmäßig in den neuen Bundesländern zu analysieren und zu befördern. Weitere Informationen zum UfU sind unter https://www.ufu.de zu finden. Ansprechpartner für das Projekt ist Dr. Michael Zschiesche (michael.zschiesche@ufu.de).